EU-Bio-Recht stetig in der Entwicklung

Von Christoph Helm | Gepostet am 29.08.2023

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Auch dieses Jahr fand der Fachtag Bio-Recht als Online-Veranstaltung statt.

Seit Inkrafttreten der „neuen“ EU-Öko-Verordnung zum 1.1.2022 haben sich einige Wogen geglättet und offene Fragen geklärt. Trotzdem ist das Recht noch nicht „fertig“ und so manches noch unklar, wie beim Fachtag Bio-Recht, organisiert vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und vom Bundesverband der Öko-Kontrollstellen (BVK), deutlich wurde. So werden noch immer Rechtsakte beschlossen, zum Beispiel im November 2022 zur Herstellung von Bio-Heimtierfutter, wie Tanja Barbian, BÖLW-Rechtsreferentin, erläuterte. Ein Rechtsakt zur Herstellung von Bio-Salz wurde durch ein Veto vorerst gestoppt. Eine Positivliste, welche für Reinigungs- und Desinfektionsmittel gilt, die von Öko-Betrieben verwendet werden dürfen, soll zum 1.1.2026 fertig sein.

Über Änderungen im Bereich Landwirtschaft berichtete Georg Eckert, Kontrollstellenleiter bei Abcert. Hervorzuheben ist, dass Struvit und gefällte Phosphatsalze nun als Düngemittel zulässig sind. Studien belegen nach Aussagen Eckerts einhellig die Unbedenklichkeit bezüglich Rückständen von Schwermetallen und Arzneimitteln. Somit steht dem Ökolandbau damit eine brauchbare und schadstoffarme Phosphorquelle zur Verfügung.

Ein merkliches Anliegen des Vortragenden war es, auf bürokratische Lasten, welche durch die VO 2018/848 entstanden sind, aufmerksam zu machen. So unterschieden sich einzelne Bundesländer in der „Auslegung“ des Öko-Rechts teils stark. Nur wenige Bundesländer würden ihre Auslegung öffentlich zugänglich machen. Dies führe zu Intransparenz und Unsicherheit. Weitere Unsicherheit entstehe durch das Pilotverfahren zum Weidegang bei Wiederkäuern und zur Geflügelhaltung. Hier stehe noch immer die Frage im Raum, wie es weitergehen wird. Nach Meinung Eckerts ist jedoch klar, dass eine Bio-Wiederkäuerhaltung ohne Weidezugang auf mittlere Sicht nicht mehr möglich sein wird.

Wie naturrein kann die Natur sein?

Nach Vorträgen zu Neuerungen im nationalen Bio-Recht durch Martin Rombach (BVK) und zu Importen durch Tobias Fischer (Kiwa BCS) und Dr. Marike Endell (Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft Hamburg) wurden im „Treffpunkt Recht“ einige Fragen aus dem Publikum beantwortet. Besonders aufschlussreich war der anschließende Vortrag von Albrecht Friedle, Geschäftsführer des
Labors Friedle, zum Thema „Wie naturrein kann die Natur sein?“. Ausgangspunkt der Fragestellung war der Begriff des „Vorhandenseins“ von nicht erlaubten Substanzen in der Öko-VO. Albrecht Friedle führte mit anschaulichen Beispielen aus der Labor-Praxis aus, dass eine Rückstandsfreiheit Illusion sei und es einer klaren Definition und Konvention des Begriffes „Vorhandensein“ bedürfe, um praxisgerecht mit Rückstandsfunden in Bio-Lebensmitteln umzugehen. Die rechtlichen Auswirkungen von Rückstandsfunden erläuterte im Anschluss der Rechtsanwalt Sascha Schigulski.

Nachdem Georg Eckert und Christiane Ratsak (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW) über amtliche Untersuchungen referierten, berichtete Christine Gonzales von der Martin Bauer GmbH aus ihrer Praxis-erfahrung mit amtlichen Untersuchungen. Ihr persönliches Fazit: Viel Bürokratie, lange Wartezeiten und Unsicherheit führen dazu, dass Unternehmen in Schwierigkeiten geraten.

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Christoph Helm

Christoph Helm ist Leiter der Biokreis-Qualitätssicherung.