Hohe gesellschaftliche Leistungen – ungenügende Entlohnung

Der Wert des Ökolandbaus
In diesem Jahr wieder: Mit erfreulicher Regelmäßigkeit sammelt das renommierte Thünen-Institut Daten zum ökologischen Landbau. Und wertet diese aus. Immer wieder wird deutlich belegt: Ökolandbau erbringt hohe gesellschaftliche Leistungen, in vielen Bereichen höhere als der konventionelle Landbau. In diesem Jahr wieder mal – und im Vergleich zu früher wird der Druck damit stärker, den Biolandbau noch mehr stärken zu müssen. Denn er ist ein „Schlüsselkonzept“ für eine nachhaltige Landnutzung. Und als Beitrag zur Reduzierung der Klimaveränderung wie auch zur Stärkung der natürlichen Vielfalt. Öko ist wertvoll.
Für diese Meta-Studie wurden unter Beteiligung der Thünen-Wissenschaftler:innen 500 (!) Studien der vergangenen 30 Jahre ausgewertet. Eine umfangreiche Auswertung, die größte Studie ihrer Art bislang. Mit durchweg klaren Ergebnissen zu Gunsten des Öko-Landbaus.
Das tut der Seele der Öko-Bäuerinnen und –Bauern gut, auch wenn wir davon schon lange überzeugt sind. Allerdings wissen wir auch: Es fehlt an der Entlohnung der gesellschaftlichen Leistungen – es zahlt sich zu wenig aus, enkeltauglich zu wirtschaften.
Zu den Fakten der aktuellen Studie, die uns Argumente bietet. Gute Argumente, um für den Ökolandbau zu streiten. Und um auch zu erklären, wieso wir einfach nicht in den Preiskampf mit vielen konventionellen Produkten einsteigen wollen.
Thema Biodiversität:
Erfreulich ist, dass die Artenvielfalt extrem vom ökologischen Landbau profitiert. Die Art der Landbewirtschaftung zählt neben der Landschaftsstruktur zu den Faktoren, die die Biodiversität entscheidend beeinflussen. Das heißt leider auch: In einer ausgeräumten Landschaft sind die positiven Effekte des Ökolandbaus nicht so hoch wie in einer vielfältigen Landschaftsstruktur. Doch viele Öko-Landwirt:innen schaffen mit ihrer Arbeit eben auch vielfältige Strukturen. Die Artenzahlen bei der Ackerflora lagen – verglichen mit der konventionellen Landwirtschaft – fast doppelt so hoch, die Feldvögel lieben Öko-Äcker ebenso wie die blütensuchenden Insekten. Was auch schnell klar ist – schließlich blüht auf dem Öko-Acker so einiges. Insgesamt zeigen 86 Prozent der Flora- und Fauna-Vergleiche positive Effekte zu Gunsten der Ökolandwirtschaft.
Thema Klimaschutz:
Die Zahlen sind faszinierend eindeutig. Ökologisch bewirtschaftete Böden sind ein Plus für den Klimaschutz. Sie speichern im Vergleich mehr Kohlenstoff (ein Plus von 10 Prozent). Zudem ist der Ausstoß des klimarelevanten Lachgases wesentlich geringer (durchschnittlich um 24 Prozent). So errechneten die Wissenschaftler:innen eine Klimaschutzleistung von 1.092 kg CO2-Äquivalenten pro Hektar. Das ist insgesamt ein guter Wert, der je nach Bereich mal mehr und mal weniger unterschiedlich ist im Vergleich zum konventionellen Betrieb. So schätzen die Thünen-Wissenschaftler:innen beispielsweise, dass die Methanemissionen beim Bio-Milchvieh etwas höher sein können als im konventionellen Bereich, insgesamt jedoch seien die Emissionen ähnlich. Und über alles ist der Öko-Landbau eben praktizierter Klimaschutz.
Und weil mit dem Klimawandel ja auch Extremwetter-Ereignisse zunehmen, kann auch hier der Ökolandbau punkten. Er trägt erwiesenermaßen zum Hochwasserschutz bei und zum Erosionsschutz. Und weil der Ökoboden eben auch besser Wasser aufnehmen kann, ist der Oberflächenabfluss geringer (gut gegen volllaufende Keller) und es wird auch weniger Boden weggeschwemmt oder weggeblasen …
Thema Boden:
Ebenfalls für die Allgemeinheit erfreulich ist, dass der Ökolandbau die Bodenfruchtbarkeit fördert. Wer Regenwürmer zählen mag, zählt im Ökoboden annähernd doppelt so viele wie im konventionellen Erdreich. Zudem ist der Ökoboden – wohl dank der oft sanfteren Bewirtschaftung – weniger verdichtet.
DAS THÜNEN-INSTITUT HAT SICH SCHON LANGE
FÜR EINE ANDERE FORM
DER ENTLOHNUNG AUSGESPROCHEN.
Und weil die Thünen-Wissenschaftler eben zahlreiche Studien verglichen haben, belegt dies: Öko ist eben auch Bodenschutz, das ergaben 56 Prozent der Studien.
Thema Wasser:
Da ist der Unterschied noch deutlicher – in 71 Prozent der verglichenen Studien steht eindeutig, dass Ökolandbau sich positiv auf die Wasserqualität auswirkt. Ein Beispiel: Die Stickstoffausträge sind im Öko-Landbau um durchschnittlich 28 Prozent geringer. Klar, wir Öko-Landwirt:innen kommen ja auch gut ohne Stickstoffdünger aus. Ganz ohne Stickstoffverluste geht es aber auch bei sanfter Bodenbearbeitung nicht. Das ist der Preis an die Umwelt, den wir auch beim Bio-Gemüse zahlen. Ebenso der Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel wie auch der – nur in Ausnahmefällen erlaubte und darum extrem – geringe Einsatz von Medikamenten für die Tiere reduzieren die Belastung für die Gewässer.
Thema Ressourcen:
Bestätigt wird auch der deutlich geringere Stickstoff- und Energie-Einsatz. Letztlich entscheiden die Betriebsleiter:innen über die Effizienz des Betriebes – aber grundsätzlich sind die Vorteile auf Seiten der Öko-Landwirtschaft.
In Mark und Pfennig oder heute in Euro und Cent, haben die Wissenschaftler:innen dies nicht ausgerechnet – aber die Vorteile sind festgestellt. Die Regionalwert-AGs bilanzieren die gesellschaftlichen Leistungen ihrer Betriebe – und haben beispielsweise für unseren kleinen 25 ha-Betrieb eine gesellschaftliche Leistung – die eben NICHT honoriert wird – von pro Hektar über 3.500 Euro errechnet.
Dafür aber hat das Thünen-Institut sich schon lange für eine andere Form der Entlohnung ausgesprochen. Das rein flächenorientierte Prämiensystem „stehe in keinem Zusammenhang zum Wert der erbrachten Leistung“, so das Institut. Und das Prämiensystem locke eben nicht mit finanziellen Reizen, um nachhaltiger zu wirtschaften. 2023 schon forderten die Wissenschaftler:innen neue Lösungen. Mehrjährigkeit von Maßnahmen möge belohnt werden, Indikatoren sollen helfen, die gesellschaftliche Wirkung herauszufinden und dann entsprechend zu belohnen …
Immerhin: Seit einiger Zeit schon gehen die Ökoregelungen der GAP in diese Richtung. Doch: Hier handelt es sich um einjährige Verpflichtungen, die auch konventionelle Betriebe nutzen können. Wobei nichts gegen die Nutzung durch konventionelle Betriebe zu sagen ist – aber der entscheidende Unterschied ist eben doch: Lebenseinstellung, Mehrjährigkeit oder nur eine Aktion, die nach einem oder wenigen Jahren wieder aufgegeben wird. Schon darum ist Öko eben besonders wertvoll. Was sich meist in den Produktpreisen nicht widerspiegelt. Denn gesellschaftliche Kosten werden eben nicht auf die jeweiligen Produkte übertragen, da ist die konventionelle Import-Tomate einfach zu günstig. Oder das kraftfutterbasierte Fleisch, verglichen mit den edlen und nachhaltig produzierten Steaks vom Bio-
Weiderind.
Der Autor Peter Schmidt ist Ökolandwirt und Vorstand des Biokreis Erzeugerring NRW und Niedersachsen e.V.