Pola auf dem Weg… – zur Betriebsleiterin?

Von Ronja Zöls-Biber | Gepostet am 31.01.2024

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Ökoschule-Absolventin Pola Cleopatra Krenkel ist 27 Jahre alt, gelernte Landwirtin, Partnerin eines Hofnachfolgers und steht für eine Generation von selbstbewussten Frauen, die sichtbar, bezahlt und abgesichert sein wollen. Im Gespräch offenbarte sie ihre Stärken, Wünsche und Ziele – und den Weg, den sie ging und gehen will.

Als ich ein Mädchen war, …

lebte ich nicht auf einem Bauernhof, sondern wuchs mit drei Geschwistern in einer Künstlerfamilie im Saarland auf. Meine Eltern arbeiteten daheim, was nicht viele Kinder erleben. Es ist das Schönste, was
man als Kind haben kann. Wie die Bauernkinder hilft man viel mit und lernt auch viel. Ich ging in eine Waldorfschule, daher war die Öko-Richtung, die ich später eingeschlagen habe, nicht ganz abwegig.

Als ich erwachsen wurde, …

kam beruflich nichts anderes für mich in Frage als Landwirtschaft. Landwirtin ist für mich DER sinnstiftende Beruf. Er ist so vielfältig, und ich kann so viel machen im Verlauf des Jahres. Obwohl ich die Landwirtschaft erst peu à peu kennen lernte, machte sie mir immer Spaß, und ich bin mit Herzblut dabei.

Als ich erste Berufserfahrungen in Spanien sammelte, …

fand ich unter anderem patriarchal geprägte Strukturen in der dortigen Landwirtschaft vor. Ich lebte zwei Jahre in einer Gemeinschaft, in der die Frauen die Hausarbeit erledigen sollten und die Männer alles draußen machten. Meine Fähigkeiten, mit Maschinen umzugehen, wurden stark angezweifelt. Aber Maschinen gehören dazu. Ich musste immer wieder neu zeigen, dass ich es auch kann.

Als ich meine Ausbildung begann, …

war mir ein Platz auf einem Bio-Betrieb sehr wichtig. Ich fand eine Stelle im nahen Luxemburg. Dort hatte ich nie das Gefühl, vorrangig als Frau gesehen zu werden. Mein Chef traute mir vieles zu und schickte mich überall hin.

Meine Schwiegereltern sind bei den Geschlechterrollen sehr traditionell geprägt. Doch mir ist es wichtig, langfristig genauso Anteil am Betrieb zu haben wie mein Freund.

Als ich auf die Ökoschule Weilheim ging, …

war ich eine von fünf Frauen unter insgesamt 17 Schüler:innen. Ich habe mich besser mit jenen Männern verstanden, die nicht nur über Maschinen reden konnten. Keine der Frauen hatte schlechte Leistungen in der Schule, von den Männern schon ein paar. Im Unterricht nahmen wir ein einziges frauenspezifisches Thema durch. Dabei ging es darum, was man in der Schwangerschaft machen darf und was nicht.

Als ich mit der Schule fertig war, …

zog ich auf den ökologisch bewirtschafteten Hof von meinem Freund im Ostallgäu. Seit gut einem Jahr lebe ich nun auf dem Milchviehbetrieb seiner Eltern und habe in dieser Zeit schon viel mitgestaltet, etwa
den momentanen Bau eines neuen Stalles. Mein Freund und ich haben in etwa die gleiche Vorstellung von Betriebsführung. Trotzdem muss ich hier als Frau kämpfen. Meine Schwiegereltern sind bei den Geschlechterrollen sehr traditionell geprägt. Doch mir ist es wichtig, langfristig genauso Anteil am Betrieb zu haben wie mein Freund.

Wenn wir den Betrieb übernehmen, …

muss das Thema Betriebsführung geklärt werden. Ich bin offen und spreche die relevanten Punkte auch an. Vorsorglich haben wir bezüglich Hofübergabe auch schon Beratung in Anspruch genommen. Außerdem informiere ich mich über meine Altersvorsorge. Ich bin bereit, hier was anzupacken, meine volle Energie einzusetzen – aber nicht, wenn mir auf dem Papier nichts gehört. Natürlich muss ich mich auf dem Betrieb an vieles anpassen, aber nicht an alles.

Wenn ich keine Betriebsleiterin werde, …

suche ich mir lieber eine Alternative. Mein Freund hat die Sorge, dass im Falle einer Trennung der elterliche Betrieb verloren gehen könnte. Doch er ist kompromissbereit, denn er weiß, wie viel Antrieb ich
ihm gebe. Obwohl ich in einem alternativ denkendem Umfeld unterwegs bin, kenne ich kaum Betriebsleiterinnen.

Lächelnde Landwirtin bei der Kartoffelernte
Bild: Pola Krenkel

Wenn ich einmal Mutter bin, …

werde ich hohe Ansprüche an mich selbst haben, denn meine Mutter hat mir das vorgelebt. Sie brachte alles unter einen Hut: vier Kinder, Haushalt und Job. Leider spürt sie heute, dass ihr die Kräfte ausgehen, obwohl sie viel Unterstützung von meinem Vater bekommen hat. Das Dilemma, für vieles zuständig zu sein, ist oft ein weibliches. Mein Freund zum Beispiel hat nie gelernt, den Haushalt zu machen, weil er immer draußen helfen musste. Aber ich putze auch nicht so gerne. Mein Anliegen ist schon, es zu zweit
zu machen. Da ist es natürlich auch eine Überlegung, sich Hilfe für den Haushalt zu holen. Ein Grundproblem vieler Beziehungen ließe sich so auslagern.

Wenn ich Kinder erziehe, …

möchte ich darauf achten, Perspektiven und Selbstbewusstsein von Mädchen und Jungen gleichermaßen zu fördern. Töchter und Söhne müssen auf dem Hof zu den gleichen Arbeiten mitgenommen werden.

Wenn ich selbst etwas tun kann für Frauen in der Landwirtschaft, …

ist das, eine Veränderung durch Vorleben zu erzielen. Vielleicht bilde ich mal aus und kann Azubis oder
Praktikant:innen eine andere Frauenrolle vorleben, genauso meinen Kindern, wenn ich welche habe. Ich lernte während meiner Ausbildung eine Bäuerin kennen, die vier Kinder hatte und den Schweinezuchtbetrieb ihrer Eltern leitete. Ihr Mann ist Polizist und half mit. So gut kannte ich sie nicht, aber diese Frau so zu sehen und zu sehen, dass es geht, und dass es überhaupt solche Frauen gibt, hat mich beeindruckt. Es wäre schön, auch mal so ein Vorbild für andere zu sein. Ich glaube, auf diese Weise kann man langsam Bewusstsein schaffen.

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Ronja Zöls-Biber

Redaktionsleitung BioNachrichten / Mitarbeiterin beim Biokreis e.V.