Ökolandbau bringt Gemeinwohl!

Biokreis-Mitglied Peter Schmidt vom Klosterhof Bünghausen
Bio-Bäuerinnen und -Bauern dienen der Gesellschaft. Biokreis-Landwirt Peter Schmidt erklärt, wie er den Wert seiner Arbeit belegt und vermittelt.
Endlich Fakten: Durch Zufall sind wir auf dem Klosterhof Bünghausen mit einer Fläche ins Insekten-Monitoring des Landes NRW geraten. Alle paar Jahre kommt seitdem der Grashüpfer-Zähler – und jetzt wissen wir es wieder genauer: Bei uns leben etwa doppelt so viele Insekten-Arten, und auch die Menge an Insekten ist etwa doppelt so hoch, verglichen mit dem NRW-Durchschnitt. Auch das ist einer unserer Beiträge gegen das Artensterben. Und damit ein Beitrag, der eigentlich dem Gemeinwohl – also der Allgemeinheit – zu Gute kommt. Ein Beitrag, den wir ermöglichen durch extensive Weidehaltung, durch seltenere Grünlandschnitte – kurz: durch unsere biologische Wirtschaftsweise. Doch die Mindererträge, die wir beispielsweise im Vergleich zu einem intensiv mästenden konventionellen Bullenmastbetrieb damit einkalkulieren müssen, zahlt uns letztlich kein Mensch, kein Staat – niemand.
Konkrete Zahlen durch Regionalwertleistungsrechner
Solche Beispiele gibt es viele auf den Öko-Höfen – bei uns summieren sich die gesellschaftlichen Leistungen pro Hektar auf über 3.500 Euro. 3.500 Euro, die wir an unbezahlten Leistungen erbringen – für die Natur, für die Gesellschaft. Wieso wir das so genau wissen? Die Regionalwert Impuls AG organisiert in ihrem Leistungsrechner eine Bewertung der gesellschaftlichen Leistungen der Betriebe. Vor Jahren haben wir an einem Projekt teilgenommen (RegioSöl), bei dem der Leistungsrechner weiter optimiert wurde und jetzt auch viele Punkte berücksichtigt, die für Grünlandbetriebe wie unserem wichtig sind. Geht man die Punkte, die abgefragt werden, sorgfältig durch, dann wird erst klar, wieviel so ein Biokreis-Betrieb wirklich für die Allgemeinheit leistet. Dabei unterscheidet der Regionalwert-Leistungsrechner die Oberthemen Soziales, Regional-Ökonomie und Ökologie.

Soziales, Regional-Ökonomie, Ökologie
Beispiel Soziales:
Meine Frau und ich beschäftigen noch einen zusätzlichen Mitarbeiter, den wir aus prekären Beschäftigungsverhältnissen herausgeholt haben. Wir und unser Beschäftigter dürfen und können sich fortbilden, der Hof unterstützt soziale Einrichtungen der Region und Vereine. Die hiesige Suppenküche, deren Gäste dieses Jahr leckere Lammkeulen zu Weihnachten essen konnten, gehört etwa dazu. Ohne uns gibt es in der Dorfgemeinschaft kein St. Martin und so einiges mehr …
Beispiel Regional-Ökonomie:
Um die wirtschaftliche Eigenständigkeit könnte es etwas besser bestellt sein, denn die Quote der Eigentumsflächen ist nicht so hoch, aber wir arbeiten ansonsten „total regional“ – kurze Wege in Vermarktung und Verarbeitung sind die Folge. Wir suchen keine Billig-Zulieferer, sind auch Teil der hiesigen Regionalvermarktung und vieles mehr.
Beispiel Ökologie:
Als Biokreis-Betrieb ist dies schon fast eine Selbstverständlichkeit: die Schonung von Klima und Wasser, umgesetztes Tierwohl, Weidehaltung, ein positiver Beitrag zur Biodiversität und zur Bodenfruchtbarkeit. All das und noch mehr tun wir – für die Leute im Dorf, für die Allgemeinheit. Dank uns ist der Hundespaziergang immer wieder interessant und nicht nur die Anwohner:innen freuen sich über eine interessante Kulturlandschaft. Und doch: Unsere Kundschaft, die unser Fleisch und unsere Eier kauft, kommt nur etwa zur Hälfte aus der Umgebung. Wir leben eben auf dem Land, da gibt es genügend landwirtschaftliche Kolleg:innen, die anders rechnen und billigere Preise anbieten können. Darum braucht es Überzeugungsarbeit und gute Gründe, um faire Preise zu erwirtschaften. Und fair ist eben nicht, einfach nur die Kosten zu decken. Es muss auch etwas übrig bleiben – für uns und für die Rücklagen.

bewirtschaften zusammen mit einem Mitarbeiter den

Bilder: Tobias Köhler
Eier und Fleisch sind ihren Preis wert
Um dies den Menschen zu erklären, braucht es die Fakten, die die Leistungsrechnung der Regionalwert Impuls AG liefert. Damit haben Landwirt:innen echte Zahlen zur Hand, um immer wieder zu erklären: Das ist unsere Arbeit wirklich wert. Über den reinen Produktverkauf lässt sich dies meist nicht erlösen, aber die Zahlen unterstützen den hochpreisigeren Verkauf. Auf unserem Betrieb haben wir im vergangenen Jahr die Chance genutzt: Der Absatz in der Direktvermarktung wurde schwieriger, zögerlicher. Unsere Eier, beispielsweise vom Rassehuhn, sind mit einem Mindestpreis von 70 Cent pro Ei nicht gerade ein Sonderangebot – aber ihren Preis auch wert.
Darum haben wir unsere Kundschaft per E-Mail gefragt, was sie am Kaufe hindere. Dazu wurde eine kleine Umfrage geschaffen. In der Folge entsteht eine Reihe von Infoblättern zu Themen wie Biodiversität, Klimaschutz mit Rindern, Preisgestaltung etc. Und um zu überzeugen, braucht es Fakten, harte und belastbare Informationen. Einen Teil davon liefert uns die Rechnung der Regionalwert AG, die wir vor einigen Jahren mit unseren Daten gefüttert haben. Und da sie das einzige Hilfsmittel ist, welches bis heute die Gemeinwohlleistungen wirklich in Euro und Cent umrechnet, ist dies weiterhin eine gute Argumentationsbasis.
So gut immerhin, dass nach den ersten Infoblättern die Reaktionen durchweg positiv sind: Eine auf Abwege gekommene Kundin will wieder Kundin werden und unser Infoblatt den kritischen Bekannten weiterreichen. Eine andere Familie bittet uns, auf jeden Fall weiter zu machen: „Euer Fleisch ist jeden Cent wert – wir würden auch mehr bezahlen“.

Landwirtschaft ist eine gesellschaftliche Arbeit
An einem hapert es leider: an der gesellschaftlichen Diskussion über den Wert der Bio(kreis)-Landwirtschaft. Und hier können sich alle Betriebe einbringen, denn Argumente und Fakten gibt es. Wenn wir gleichzeitig lesen, dass die Zahl der aktiven Bauernhöfe mittlerweile auf 255.000 gesunken ist – über 31.000 weniger als vor zehn Jahren – dann muss deutlich werden: Gerade wir Bio-Betriebe leisten mehr. Es lohnt sich, uns fair zu bezahlen. Gäbe es uns nicht, dann hätte die Schülergruppe, die heute Morgen ein Interview auf dem Hof zur Ökolandwirtschaft geführt hat, keinen Ansprechpartner mehr. Und weil auch und gerade die Biokreis-Landwirtschaft viel für die Allgemeinheit tut, müssen wir immer und immer wieder mitteilen: Landwirtschaft ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Gesellschaft kann sich engagieren – bei einigen Betrieben tut sie dies im Förderverein, anderswo in der Solidarischen Landwirtschaft – oder sie kauft eben Biokreis-Produkte zu fairen Preisen.
Der Autor Peter Schmidt ist Biokreis-Landwirt auf dem Klosterhof
Bünghausen in Gummersbach, Nordrhein-Westfalen.