Milch mit zu wenig Markt

Markus Berl vom Biokreis-Hof Berl. Bild: Tobias Köhler
Das „weiße Gold“ – was man früher auf das Salz bezog, damit ist heute oft die Milch gemeint. „Weißes Gold“, das soll die Bedeutung der Milch als Lebensmittel und für die Landwirtschaft betonen. Doch Bäuerinnen und Bauern, die weiterhin Biomilch melken, leben gerade nicht in goldenen Zeiten. Und: Eine schnelle Änderung ist nicht in Sicht.
Die geringe Preisdifferenz zur konventionellen Milch hat viele Betriebe, die in den guten Zeiten gutes Geld mit der Bio-Milch verdienen konnten, wieder aus dem Bio-Markt vertrieben. Sie melken weiter, aber eben nicht mehr Bio. Denn wer nur aus finanziellen Gründen auf Bio umstellte, hat ganz einfach gerechnet: Die Kosten für Ausgleichs- und Leistungsfutter sind und waren auch in den Vorjahren hoch. Zu hoch, um die Bio-Melkerei rein wirtschaftlich zu rechtfertigen. Wer also die Futtermittel einkauft und nicht selbst produziert, war schnell versucht, wieder „rückumzustellen“, also aus dem Biomarkt auszusteigen. Das haben viele getan. Auch und gerade im wichtigen Bio-Milchland Bayern.
Jetzt ist Biomilch eigentlich knapp. Und weil Knappheit die Preise steigen lässt, spüren dies auch die Betriebe, die aktuell Biomilch melken. Die Preise gingen leicht aufwärts – sie liegen stark 11 Cent über dem Auszahlungspreis für konventionelle Milch (Zahlen vom Mai 2025). Und die Preise steigen vorsichtig weiter.
Auch im Lebensmitteleinzelhandel steigen erfreulicherweise die Preise für die Biomilch. Markenhersteller können 1,70 bis 1,80 Euro für den Liter verlangen (Sommerpreise). Das ist rund 50 Prozent über dem Preis der konventionellen Kuhmilch.
Nebenbemerkung: Einen solchen Preisunterschied zwischen bio und konventionell würden sich die Betriebe beim Auszahlungspreis der Molkereien auch wünschen. Und jetzt kommt das wirklich Prickelnde an der Entwicklung: Die Kundschaft greift durchaus beständig und auch zunehmend zur Biomilch. Steigende Nachfrage trifft auf knapperes Angebot. Da müssten doch … die Preise für die Erzeuger:innen steigen. Außerdem sind die Molkereien ja vielfach auf der Suche nach Milcherzeuger:innen, die flugs wieder auf Bio umstellen.

Da würde auch der Biokreis gerne unterstützen – tut er auch, wo es Sinn macht. Allerdings: Es gilt eben auch, dass es sich für die Erzeugerbetriebe rechnen muss. Und einerseits sind die Zusatzkosten fürs Futter weiterhin im Verhältnis zu hoch, wenn Kraftfutter zugekauft werden muss. Zudem reagieren die Molkereien durchaus unterschiedlich. Weil die Logistikkosten ständig steigen (Dieselpreise, Lohnkosten etc.), stehen die Milchverarbeiter:innen ebenfalls immens unter Druck – da findet sich dann irgendwie eine Schicksalsgemeinschaft mit den Erzeugerbetrieben. Denn auch die Milchverarbeitung muss sich rechnen. Einige Molkereien versuchen, die gestiegenen Transportkosten selbst irgendwie zu schultern. Andere schaffen dies nicht – und erhöhen teilweise die Transportkosten für die Milcherzeuger:innen. Was den Landwirt:innen wiederum auch nicht gut tut – sie stellen entweder zurück auf konventionell oder wechseln zu einer näheren Molkerei, auch wenn diese schlechtere Auszahlungspreise hat. Die Bio-Milchmenge steigt so auf jeden Fall nicht.
Die Situation ist also für alle unbefriedigend: Landwirt:innen drücken die hohen Kosten, die Molkereien auch. Der Handel erzielt zwar höhere Preise, kann die Nachfrage wahrscheinlich schon nicht mehr überall decken.
Was braucht es? Eigentlich wieder auf ökologische Landwirtschaft umstellende Milchviehbetriebe. Herzlich aufgenommen würden sie – von uns als Verband und von den Molkereien ebenso. Doch dafür braucht es steigende und damit kostendeckende Preise.
Ginge es rein marktwirtschaftlich, wäre eine noch höhere Nachfrage der passende Preistreiber – aber damit ist nicht zu rechnen. Denn gleichzeitig sind viele Kund:innen aktuell sehr kostensensibel. Wenn die
Futtermittelpreise also nicht wesentlich sinken, wäre es für die bestehenden Betriebe wichtig, dass die
Molkereien die Auszahlungspreise stärker ausreizen, wohl wissend, dass das Angebot knapp ist. Und
hoffend, dass die Verbraucherschaft mitzieht. Damit nicht noch mehr ökologisch wirtschaftende, milcherzeugende Betriebe das Melkgeschirr an den Nagel hängen oder dem Melkroboter den Stecker ziehen. Schwierig, schwierig – und wir als Verband können die Landwirt:innen nur dabei unterstützen und beraten, so wirtschaftlich wie möglich zu arbeiten.
Der Autor Andre Tholen ist landwirtschaftlicher Vertreter im Vorstand
des Biokreis e.V.