Sprache vermittelt Werte – auch auf der Verpackung!

Von Biokreis-Redaktion | Gepostet am 05.06.2024

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Die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) war an einer Studie beteiligt, deren Ergebnisse im Praxisleitfaden „Mehr Vertrauen durch Transparenz und Sprache. Kommunikationsempfehlungen für die Bio-Branche“ zusammengefasst wurden. In dieser fand man unter anderem heraus, dass sich 70 Prozent der Befragten Produktinformationen auf der Verpackung wünschen. Sprache spielt an dieser Stelle also eine tragende Rolle. Anne Baumann und Lisa Mann von der AöL haben uns auf Grundlage
der Studie einige Tipps dazu gegeben:

So soll auf einer Verpackung kommuniziert werden:

  • Herkunft der Bio-Lebensmittel angeben: Die Angabe „regional“ kann das Vertrauen steigern, denn Lebensmittel aus der Region sind besonders beliebt. Einigen Verbrauchenden reicht schon die Angabe „Deutschland“ aus, um Vertrauen in ein Produkt zu fassen, andere möchten bis hin zur konkreten Angabe des Herkunftsbetriebes alles wissen.
  • Bedeutung der Bio-Siegel kenntlich machen: Oft ist Verbrauchenden nicht klar, welche Regularien hinter den Siegeln stehen, etwa wie Kontrollen ablaufen und welche Kriterien erfüllt sein müssen, um das Siegel zu erhalten. Daher fällt es ihnen generell schwer, Vertrauen in Siegel zu fassen, und dazu auch, die staatlichen Bio-Siegel von denen der Anbauverbände zu unterscheiden und hierzu einen Bezug herstellen zu können.
  • Besonderheiten von Bio aufzeigen: Die meisten Verbrauchenden wissen nicht, wie sich Bio-Lebensmittel von konventionellen unterscheiden; der einzige ersichtliche Unterschied ist oft der Preis. Die Bereitschaft, diesen zu zahlen, hängt vom Verständnis und Wissen um die Vorzüge von Ökolandbau und Bio-Verarbeitung ab.
  • positive Effekte und Werte von Bio kommunizieren: Verbrauchende wissen zu wenig über die positiven Effekte und Werte der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft. Die Studien-Ergebnisse zeigen aber, dass dieses Wissen einen Unterschied macht und die Menschen von Bio überzeugen kann. Deshalb sollten Werte wie Nachhaltigkeit oder positive Effekte auf Biodiversität klar kommuniziert werden.

So soll Sprache eingesetzt werden:

  • Aus einem Mix aus Kommunikationsinstrumenten: Produktverpackungen, Informationen am Point of Sale (Schilder, Aufsteller, Flyer) und onlinebasiert (QR-Codes, Webseite) wirken in Kombi.
  • Kurz, eindeutig und leicht verständlich formulieren!
  • Kommunikation muss produktbezogen sein: Keine Floskeln und leere Worthülsen!
  • Informationen von Forschungseinrichtungen, aus Landwirtschaft und von Verbänden wird eher vertraut als Unternehmen selbst: diese als Partner in der Kommunikation nutzen!
  • Wichtigste Infos beim Einkauf, etwa auf der Produktverpackung, zur Verfügung stellen! Optional abrufbare Detailinfos, beispielsweise auf Webseiten, steigern Vertrauen weiter.

Diese Art von Sprache / Dieses Framing soll gewählt werden:

  • Eine Sprache, die Verbrauchende auf Augenhöhe anspricht, stellt Nähe zu den Menschen her, vermittelt Zugehörigkeit, ist empathisch. Begriffe, die Werte vermitteln wie Verantwortung, Tradition oder Nachhaltigkeit, ermöglichen Identifikation (wenn sie mit moderner Sprache und Beispielen transportiert werden).
  • Anstelle von Floskeln als „übliche Kombinationen“ können neue, ungewöhnliche Kombinationen Interesse wecken.
  • Übergeordnete und abstrakte Begriffe schaffen Distanz zu Verbrauchenden und zum Esstisch, vermitteln Abstand und nehmen der Sprache ihre bildhafte Qualität. Dies wirkt dann eher gegen Vertrauen.
  • Zugewandte, an die Sinne gerichtete Sprache nutzen! Diese ist unmittelbar verständlich, greifbar und bleibt im Gedächtnis.
  • Sprache verändert sich permanent. Offene, inklusive Formulierungen, die den Zeitgeist widerspiegeln, sind wichtig.
Bild: Antersdorfer Mühle
  • Verneinungen sind problematisch. Um ein Konzept zu verneinen, muss zunächst das Verneinte selbst „im Gehirn aktiviert” werden; daher: keine Negationen!
  • Mut zur Unvollständigkeit: Häufig erzeugt ein Teil, der für das Ganze steht, ein stärkeres Bild als eine lange Aufzählung oder abstrakte Begriffsklammer.
  • Bio und Öko sagen in der Verbraucherkommunikation etwas Unterschiedliches aus. „Bio“ gehört zum Lebensmittel, während „Öko“ das System, die Branche und ihre Richtlinien beschreibt. Es ist sinnvoll, die Begriffe getrennt einzusetzen.
  • Grundsätzlich ist es wichtig, sich für jedes genutzte Wort die Wortbedeutung klarzumachen. Was bedeutet dieser Begriff, und mit welcher Bedeutung füllen wir ihn? Ist der Begriff in seiner Bedeutung unseren Werten und unserem Ziel zuträglich? Es gibt keine wertfreie Sprache!

Das sind typische Fehler:

  • Häufig bauen Formulierungen die Distanz zu Verbrauchenden auf, weil sie zu abstrakt sind. Oftmals trennen Unternehmen politische Forderungen nicht von der Verbraucherkommunikation, ebenso kommen häufig Floskeln zum Einsatz.
  • Generell gilt für Bio: Definiert sich über Negation und Abgrenzung („frei von“/„ohne“), was es für Verbrauchende oft zu einem schwer greifbaren und tendenziell elitären Konzept macht.

Die Rolle der Sprache für die Vertrauensbildung:

  • Sprache kann, wenn sie bewusst eingesetzt wird, das Vertrauen der Menschen fördern, denn sie weckt immer Erwartungen, ob bewusst oder unbewusst. Nur wenn diese Erwartungen erfüllt werden, kann Vertrauen wachsen. Werden sie nicht erfüllt, sinkt es tendenziell. Gerade beim Lebensmitteleinkauf müssen Verbrauchende Informationen schnell verarbeiten, bewerten und auf dieser Basis Entscheidungen treffen können. Bei diesen komplexen Wahrnehmungs-, Denk- und Entscheidungsprozessen bietet uns die Sprache einen eigenen Zugang, quasi eine Abkürzung. Denn sie ist nie „neutral”, führt immer zu Bewertungen. Aufgrund unserer persönlichen Erfahrungen und gesellschaftlich geprägter Narrative interpretieren wir Aussagen und Begriffe schnell und unbewusst. Jedes Wort, das wir lesen, stößt auf einen Deutungsrahmen („Frame“) im Gehirn. Die Sprache, die wir beispielsweise nutzen, um Bio-Lebensmittel zu bewerben, bildet also den Rahmen, in dem Verbrauchende diese sehen und verstehen. Darum ist sie entscheidend für das Vertrauen der Menschen.

Gendern auf Verpackungen:

  • Konkret wurde das Thema im Rahmen der Studie nicht untersucht, Anne Baumann und Lisa Mann aber meinen: „Ein gutes, vertrauensförderndes Framing schließt eine Sprache mit ein, die von inklusiven Formulierungen lebt, die offen ist für Veränderung und den Zeitgeist widerspiegelt.“ In diesem Rahmen sehen sie das Gendern als inklusive Formulierung, würden jedoch einschränken, dass die Sprache einfach, verständlich und greifbar bleiben muss. Daher sei, wo auch immer es geht, auf die ausformulierte Version „Verbraucherinnen und Verbraucher“ zurückzugreifen, wenn gängige inklusive Begriffe (Verbrauchende) wirklich nicht zur Verfügung stehen oder von den Menschen erst „erlernt“ werden müssten.

Biokreis-Redaktion