Sechs Hektar sind ein Anfang: Einstieg in die Agroforstwirtschaft

Von Gastautor:in | Gepostet am 02.04.2024

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Auf dem Gut Kremershof hat man mit Pappelpflanzung den Einstieg in die Agroforstwirtschaft begonnen.

Fünf Menschen packen an, Stunde um Stunde. Löcher bohren, Stecklinge rein, festtreten, binden – und mit dem Schlepper parallel die nächsten Pappeln weiter fahren. Damit die Arbeit keine Pause hat. Hunderte von Metern haben Rahel Kremershof und alle Helfer:innen Pappeln gesetzt. Das war der Einstieg in den Agroforst auf Gut Kremershof in Wipperfürth. Die sechs Hektar sind bewusst ausgesucht. Eigenland und schlechte und vor allen Dingen trockenheitsgefährdete Böden. „Selbst wenn es im Sommer nur eine recht kurze Zeit trocken bleibt, werden hier die Böden braun“, bestätigt Landwirtin Rahel Kremershof. Vor der Pflanzaktion hat ein Pflug eine Spur gezogen – genau da, wo die Pappeln stehen sollten.

Auf dem Kremershof hat man sich für das Keyline-Verfahren entschieden. Da werden die Bäume exakt entlang der Höhenlinien gesetzt. Das sorgt dann dafür, dass sie das Wasser besser in die gewünschte Richtung leiten können und dass das kostbare Grundwasser nicht so schnell abfließt. Denn darum geht es bei Agroforst: Auch in trockenen Phasen soll Wasser länger verfügbar sein. Im vergangenen Jahr gab es schon die ersten Anzeichen, dass die ganze Steckerei und Pflanzerei etwas bringt. Während an vielen
Stellen die Wiese braun war, „blieb es unter den Pappeln und um sie herum länger grün“, erinnert
sich Rahel Kremershof. Zwischen den Baumreihen sind jeweils 24 Meter lichter Raum – Platz genug für die raumgreifenden Mähwerke. Kühe können dort ebenso grasen, die Fläche bleibt gut zu bewirtschaften. Die Bäume wurden vor den Kühen geschützt.

Verluste wegen Geweihen

Allerdings: Was gegen Kühe hilft, schützt nicht vor den frechen Rehböckchen. „Wir hatten viel zu viel Verluste, weil die Böcke ihre Geweihe bei uns gefegt haben“, so Rahel. Dies und der fehlende Bodenschluss der Pappeln – der Bohrer war etwas zu dick für die Stecklinge, doch schmalere Bohrer wären beim steinreichen Bergischen Boden gebrochen – hat weitere eingehen lassen. Die Pappeln sollen in etwa sechs Jahren als Brennholz genutzt werden. Da sie wieder ausschlagen, geht es trotz Holzernte munter weiter mit dem Agroforst. Der wird dieses Jahr noch durch über 150 Obstbäume ergänzt. Das
ist nochmal ein ordentliches Stück Arbeit, die der Kremershof nur dank des Einsatzes einiger Freiwilliger
leisten kann. Dafür werden Mitmachtage organisiert, die auch von einigen Mitgliedern der Solidarischen Landwirtschaft auf dem Hof genutzt werden.

Ein Jahr Vorlauf einplanen

Dies alles hätte Gut Kremershof kaum aus eigenen Finanzmitteln finanzieren können und wollen. Und die 120 Euro Förderung pro Hektar (gerechnet werden nur die 60 cm breiten Pflanzstreifen), die es aktuell jährlich dafür gibt, sind ebenfalls nicht entscheidend. Da helfen Fördergelder der GLS-Bank, die über die gemeinnützige Hof-Solawi besorgt werden konnten. Zudem musste sich das Kremershof-Team in die kleinen Bürokratie-Hürden einarbeiten. Zum Beispiel: Fährt der Pflug über die Fläche, um quasi einzuzeichnen, wo die Bäume zu stehen haben, ist dies ein „Umbruch“ – also braucht es eine Ausnahmegenehmigung. Pappeln gab es zum Glück biozertifiziert, für regionale Obstbäume braucht es bei Nichtverfügbarkeit in Öko ab 50 Hochstämme pro Jahr eine Ausnahme-Genehmigung.

Das geht alles nicht von jetzt auf gleich – sicherheitshalber ist für alles ein Jahr Vorlauf einzuplanen. Das Flächenverzeichnis übrigens sieht jetzt ziemlich bunt aus. Jeder Pappelstreifen ist ein eigener Schlag geworden. Wer sich also auf Agroforst einlässt, lässt sich auch auf Bürokratie ein. Doch es ist zukunftsweisend, findet Rahel Kremershof: „Wir haben alles so angelegt, dass wir auch unsere angrenzenden Flächen einbinden können.“ Einzig die Verpächter müssen noch überzeugt werden. Denn sie müssen der Maßnahme zustimmen, schließlich ändert sich der Charakter ihrer Fläche grundsätzlich.

Gastautor:in

Peter Schmidt

Biokreis-Landwirt