Appetit auf Blätter? Laubfutter aus Agroforstsystemen
Laubfutter aus Agroforstsystemen: Chancen und Herausforderungen für die moderne Landwirtschaft.
Laubfutter kann die Ration von kleinen Wiederkäuern vorteilhaft ergänzen. Zunehmend lange
Trockenphasen machen ihre Nutzung sogar noch interessanter. Der Einsatz von Futtergehölzen in Agroforstsystemen birgt durch deren multifunktionalen Charakter erhebliches Potenzial zur Verbesserung
der Tierernährung und zur Steigerung der Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Produktionssysteme.
Diese Anbausysteme sollten frühzeitig geplant und individuell an die betriebs- und standortindividuellen Bedingungen angepasst werden.
Artgerecht und Gesundheitsfördernd
Agroforstsysteme bieten als Kombination aus Gehölzen mit landwirtschaftlicher Nutzung eine Vielzahl ökologischer und ökonomischer Vorteile. Der Fokus auf die Produktion und Nutzung von Futterlaub ermöglicht durch die Integration moderner wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Ansätze eine
Renaissance alter Praktiken. Die traditionelle Nutzung von Futterlaub kann dadurch als innovative Methode zur nachhaltigen Tierernährung beitragen. Laub kann die Futtermittelqualität der Ration verbessern, während gleichzeitig positive Umweltwirkungen entstehen. Vor allem kleine Wiederkäuer können mit bis zu 60 Prozent Laubfutter in der Tagesration von diesen Systemen profitieren.
Futterlaub, reich an essenziellen Nährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen, kann die Verdaulichkeit
des Grobfutters erhöhen, die Methanemissionen reduzieren und die Versorgung mit Mineralstoffen optimieren. Eine entsprechend angepasste Fütterung gilt als artgerecht und gesundheitsfördernd.
Während des Weidegangs bieten die Gehölze zusätzliches Beschäftigungsmaterial. Zudem fördern die Agroforstsysteme die Resilienz der Weidesysteme gegenüber klimawandelbedingt zunehmenden Witterungsextremen. Gehölze sind auch bei längeren Trockenperioden produktiv und können die Ertragsbildung des Feldfutterbaus beziehungsweise der Grünlandflächen unterstützen. Durch Pflanzdesign, Artenauswahl und Gehölzbewirtschaftung können die Auswirkungen der Gehölze aktiv beeinflusst werden.
Laubbäume: Futter und Energieholz
Durch die Nutzung von Futterlaub aus Agroforstsystemen eröffnen sich neue Perspektiven für landwirtschaftliche Betriebe, die eine Antwort auf drängende Fragen des Klimawandels geben können. Dieser Ansatz bietet eine Chance, Produktionsmethoden anhand diversifizierter Anbausysteme nachhaltiger zu gestalten. Agroforstwirtschaft mit Futterlaubnutzung eignet sich für viele verschiedene Betriebe und Standorte, da deren Ausgestaltung in Form von Flächendesign, Pflanzmuster, Artenauswahl
und Bewirtschaftungskonzept individuell anpassbar sind.
Laubbaumarten wie Pappel und Weiden sind in der Agroforstwirtschaft bereits weit verbreitet. Im Zusammenhang mit Laubfutter häufig genutzte Arten sind unter anderem Maulbeere, Esskastanie, Haselnuss, Ulme, Esche, Linde, Holunder, Weinrebe und Himbeere. In Abhängigkeit von saisonalen Schwankungen, dem Nutzungszeitpunkt, dem Standort und vorangegangener Bewirtschaftung können manche dieser Baumarten höhere Proteingehalte, eine bessere Verdaulichkeit sowie günstigere Inhaltsstoffprofile als Luzerne und hochwertiges Heu vorweisen. In den meisten Fällen sind leicht höhere Lignin-Gehalte zu erwarten. Bei entsprechender Gehölzauswahl ist eine Koppelnutzung mit der Energieholzproduktion möglich.
Ebenso ist eine Kombination mit Einzelbäumen möglich, um zusätzlich Schatten in die Fläche oder weitere langfristig angelegte Wertschöpfungsoptionen wie etwa Frucht- oder Stammholzproduktion zu integrieren. Der Fokus kann auch stärker auf Windschutz, der Optimierung des Weidemanagements oder
des Wasserhaushaltes liegen. Das verhältnismäßig günstige Pflanzgut kann meist von Forstbaumschulen
in großen Stückzahlen bezogen werden. Die Etablierung kann nach einer adäquaten Planung und Flächenvorbereitung maschinell oder händisch erfolgen. Ein häufig unterschätzter, aber sehr wichtiger Aspekt ist der passende Baumschutz. Vor allem in den ersten Jahren sollte er Wild- und Nutztiere verlässlich fernhalten und gleichzeitig keinen übermäßig hohen Zusatzaufwand verursachen.
Die Bewirtschaftung der Gehölzelemente kann motormanuell oder auch vollmechanisiert erfolgen. Relevant ist die mögliche Auslastung eventuell zum Einsatz kommender Spezialmaschinen. Neben der direkten Beweidung können die Gehölze gezielt im Niederwald oder/und als Kopfbaum bewirtschaftet werden. Dabei ist eine Abstimmung auf die Mechanisierung der Flächenbewirtschaftung und auf das Beweidungssystem (Herdengrößen, Umtriebs- und Standzeiten) wichtig. Ziel sollte ein extensives Bewirtschaftungskonzept sein. Trotzdem entsteht vor allem in den ersten Jahren der Etablierung ein zusätzlicher Bedarf an Kapital und Arbeitskraft, welcher im Vorhinein kalkuliert werden sollte.
Forschung zu Ernte- und Konservierungsverfahren
Um das Potenzial dieser traditionellen und zugleich innovativen Bewirtschaftungssysteme ausschöpfen zu können, sind weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten notwendig. Vor allem bedarf es Daten und aktueller Erfahrungswerte im Bereich der Laubkonservierung und mechanisierten Bewirtschaftung, um technische und ökonomische Herausforderungen zu überwinden. Das Projekt FuLaWi („Nutzungs- und Konservierungsverfahren für Futterlaub aus Agroforstsystemen zur Verbesserung der Nährstoffversorgung und Reduktion von Methanemissionen bei kleinen Wiederkäuern“) bietet eine wichtige Grundlage und gliedert sich in ähnliche Projekte innerhalb der EU ein. Ziel ist die Sicherung einer ganzjährigen, artgerechten Ernährung kleiner Wiederkäuer durch Laubfutter aus Agroforstsystemen.
Dafür sollen verschiedene Ernte- und Konservierungsverfahren erprobt und auf ihre praktische Eignung
untersucht werden. Ein wesentlicher Aspekt ist die enge Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Betrieben, wo projektspezifische Agroforstsysteme angelegt werden, um deren nachhaltigen Mehrwert zu demonstrieren und wertvolle Erkenntnisse direkt in die Praxis zu überführen. Die Förderung von Wissenstransfer und die Entwicklung von Best-Practice-Leitlinien sind entscheidend, um die Anwendung und Akzeptanz dieser innovativen Ansätze in der Praxis zu unterstützen. Dies kann einen Beitrag zu einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Landnutzung leisten.