Bodengenossenschaften

Frank van der Hulst vom Biokreis-Hof Weggun
Flächen retten für die Öko-Landwirtschaft.
Die Zukunft des Hofes stand auf dem Spiel. Denn die Liquidität wurde knapp auf dem Biokreis-Hof Weggun. Erst vor ein paar Jahren hatten Marjolein und Frank van der Hulst den Hof rund 100 Kilometer nordöstlich von Berlin gekauft – dann ging nicht nur die Liquidität bergab, zudem mussten rund 20 Hektar zugekauft werden, um den Hof zu erhalten. „Das Geld war nicht da“, erinnert sich Marjolein van der Hulst. Zu all den Problemen kam dann doch ein wenig Glück: Ein Stammkunde stellte den Kontakt zur BioBoden Genossenschaft her. Kurz zusammengefasst: Die kaufte den Hof und die anstehenden 20 Hektar und heute steht der Hof Weggun auf soliden Füßen und kann gesichert in die Zukunft schauen.
Das Grundübel: Beim Landkauf ziehen die Landwirt:innen oft den Kürzeren. Es wird zwar Fläche gehandelt, die zu erwerbenden Flächen sind teuer, und vielen – nicht nur Öko-Höfen – fehlen die finanziellen Reserven, um beim Landkauf die Flächen „einfach so“ zu kaufen. Für die Bio-Bauern gibt es jedoch attraktive Unterstützungsangebote. Menschen, die sich für die Öko-Landwirtschaft engagieren, sich genossenschaftlich organisiert haben und jetzt per Genossenschaft Landkäufe finanzieren. Land für die ökologische Landwirtschaft retten, das wollen insbesondere die BioBoden Genossenschaft mit Sitz in
Rothenklempenow (Mecklenburg-Vorpommern und die Kulturlandgenossenschaft mit Sitz in Hitzacker (Niedersachsen).

Beide arbeiten nach einem ähnlichen Prinzip. Die Genossenschaft kauft das Land und verpachtet es weiter an den Bio-Betrieb wie in unserem Beispiel den Bio-kreis-Hof Weggun. Die Pacht läuft langfristig und wird üblicherweise auch immer wieder verlängert – für den Biohof Weggun bedeutet das: Sie zahlen eine Pacht, die hier etwa in der Höhe von zwei Prozent des Kaufpreises liegt. Und da mittlerweile alle 38 Hektar der BioBoden Genossenschaft gehören, ist in den nächsten Jahren nicht mit unliebsamen Überraschungen zu rechnen. „Unsere Pächter haben langfristige Verträge, die sich fast automatisch immer wieder langfristig verlängern“, berichtet Genossenschaftsvorstand Jasper Holler. Die Genoss:innen, die in den Landkauf investieren, werden bundesweit gewonnen. Sie stecken ihr Geld in die Genossenschaft und ermöglichen so der BioBoden, überall in Deutschland Öko-Flächen zu sichern. Jetzt können Marjolein und Frank van der Hulst in Ruhe planen. Derzeit setzen sie auf die Vermarktung ihrer Biokreis-Eier aus Mobilställen und auf die Vermarktung des Fleisches der Lämmer ihrer rund 100 Mutterschafe. Das Beerenobst ist in diesem Jahr aufgrund der späten Fröste nicht so gut gelaufen – außerdem sind die Fremdarbeitskräfte so teuer, dass sich die Ernte eigentlich nicht mehr lohnt. Aber das ist eine andere Geschichte …
Auf Hof Weggun geht die Geschichte positiv weiter – heute schon können sich Marjolein und Frank van der Hulst mit der Hofnachfolge beschäftigen. Eines der sechs Kinder hat Interesse gezeigt. Der 16jährige Sohn arbeitet darauf hin. Und das kann er auch. So hat die Bodengenossenschaft echte Perspektiven geschaffen.
Insgesamt hat BioBoden rund 90 Partnerhöfe, verstreut über ganz Deutschland. Bei der Kulturland Genossenschaft sind es 50 – und überall gibt es weitere Interessent:innen. Nun retten die rund 150 Höfe noch nicht die deutsche Bio-Landwirtschaft und doch tragen die Genossenschaften dazu bei, dass immer mehr Höfe mit sicheren Perspektiven in die Zukunft schauen können.
Dabei geht die Kulturland eG etwas anders vor als BioBoden. „Wir setzen auf regionale Kampagnen – über die Höfe sollen sich möglichst viele Genossenschaftsmitglieder finden, die Anteile zeichnen und den Hof unterstützen“, berichtet Annika Rummer, die für die Kulturland Genossenschaft auch die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt. Denn die Genossenschaft ist über die Jahre richtig gewachsen. Gegründet 2013, um den Kauf von 15 Hektar eines Hofes nahe des Bodensees zu ermöglichen, hat sie mittlerweile an die 3.000 Genossen, mit deren Hilfe bundesweit fast 760 Hektar Land „gerettet“ wurden. Und über die Jahre ist das Arbeitsfeld immer umfangreicher geworden – mit einem speziellen Konzept werden auch externe Hofübernehmende beziehungsweise die Altersvorsorge der Hofabgebenden ermöglicht, eine eigene Stiftung unterstützt Partnerhöfe bei Naturschutz-Aktivitäten und vieles mehr. Übrigens: Auch BioBoden hat sich mittlerweile zusätzlichen Themen gewidmet – Hofnachfolge und ein eigener, saisonaler Online-Shop mit Produkten der Partnerhöfe sind da beispielhaft.
Und doch – nicht immer ist es einfach, Flächen zu sichern. Grundsätzlich funktioniert das Konstrukt zum Flächenkauf so: Bei BioBoden kauft die Genossenschaft eine Fläche und tritt als Verpächterin auf. Bei der Kulturland Genossenschaft gründen Bäuerin bzw. Bauer und die Genossenschaft gemeinsam eine Kommanditgesellschaft, die von den Landwirt:innen geleitet und gesteuert wird. So ist die Kaufgesellschaft als landwirtschaftlicher Käufer üblicherweise anerkannt, der Flächenkauf kann vollzogen werden. Kürzlich aber hat die Landwirtschaftskammer NRW die Anerkennung als „landwirtschaftlicher Käufer“, die nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) wichtig ist, abgelehnt. Dieses Gesetz aus dem Jahr 1962 soll die Landwirtschaft vor dem Ausverkauf ihres Bodens schützen und eine breite Streuung von Eigentum sicherstellen. Dass dieses Gesetz nicht besonders wirkungsvoll ist, das ist bekannt. Aber jetzt auch noch diesem bäuerlichen Konzept die Genehmigung zu verweigern, das ist schon speziell, und weil die Kulturland Genossenschaft dies auch nicht akzeptiert, hat bereits das Amtsgericht Münster zu Gunsten der Genossenschaft entschieden. Dies aber hat die Landwirtschaftskammer so nicht hinnehmen wollen und Widerspruch eingelegt. Widerspruch gegen ein Konzept, das Land für Bauern retten will. Nun denn, in diesem Herbst wird das Urteil des Verwaltungsgerichts erwartet – und damit wird sich auch entscheiden, ob das Kulturland-Konzept weiter Bestand hat.
Grundsätzlich, so Annika Rummer, will man auch mit dem genossenschaftlichen Geld sorgsam umgehen. Kaufpreise sollten bei beiden Genossenschaften etwa dem Bodenrichtwert entsprechen, Preisspiralen nach oben gibt es mit den Genossenschaften nicht, höhere Preise können in Ausnahmefällen möglich sein. Aber das wird genau geprüft. Was auch für die später pachtenden landwirtschaftlichen Betriebe wichtig ist. Die Pacht an die Kulturland Genossenschaft beispielsweise liegt üblicherweise bei einem Prozent des Kaufpreises.
Allerdings: Nicht alle Höfe schaffen es, über ihr regionales Umfeld die notwendigen Summen aufzubringen. Dann muss die Genossenschaft anderweitig Geld besorgen – von Mit-gliedern, zur Not von Banken. Aber auch über neue Kampagnen, die eben überregional funktionieren sollen. Insofern gilt: Wer Biolandwirtschaft langfristig unterstützen will, kann Genossin oder Genosse werden. Und sicher sein: Irgendwo in Deutschland werden Bio-Hektar für die Zukunft gerettet. Und vielleicht ist dies auch künftig mal wichtig, für alle, die jetzt noch meinen, sie wären nicht direkt betroffen.
Weiter Infos gerne unter:
www.bioboden.de
www.kulturland.de
Der Autor Peter Schmidt ist Ökolandwirt und Vorstand des Biokreis Erzeugerring NRW und Niedersachsen e.V.