Bienenhaltung “urban style”

Von Ronja Zöls-Biber | Gepostet am 08.11.2023

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Eddie Obika ist seit Mai bundesweiter Berater im Biokreis. Auf seinem Betrieb in München-Feldmoching hat er das Management der Stadtimkerei perfektioniert.

Wenn Eddie Obika (47) auf seiner Terrasse im Münchner Stadtteil Feldmoching sitzt, sieht er die Autos auf der Landstraße auswärts und auf der Gegenspur in Richtung Zentrum sausen. Hier, wenige Meter vom Feldmochinger See und ein paar Minuten vom S-Bahnhof entfernt, ist er aufgewachsen. Geboren in New York, wohin seine Mutter einst ausgewandert ist, kam er als Kleinkind gemeinsam mit der Mama und den zwei Schwestern wieder auf den still gelegten Hof der Großeltern am Münchner Stadtrand zurück, dessen Ursprünge bis ins Mittelalter zurückreichen.

Als Angestellter in der IT-Branche zog er später von dort ins städtische Schwabing, arbeitete nebenbei als DJ in den Münchner Clubs – bis beide Großeltern verstarben und er 2009 wieder zur Mutter auf den Hof zurückkehrte. Abseits des Zentrums wandte er sich der Natur zu, ging viel joggen und traf hier eines Tages im Park auf einen Imker. „Ich schaute ihm zu, befragte ihn. Imkerei interessierte mich immer schon, aber ich kannte keinen Menschen, der damit vertraut war“, erinnert sich Eddie. Schließlich lud der Imker ihn zum Anfängerkurs in den Bienenzuchtverein München ein – und leitete damit einen neuen Lebensweg ein.

Ich bin wie ein Fischer, der durchs Meer fährt und seine Netze auswirft. Wo viele Fische reingehen, bleibt er und wirft auch die anderen Netze aus.

Eddie Obika

Hipper Imker

Heute betreut der Imkermeister rund 70 Wirtschaftsvölker und macht 30 Ableger im Jahr. Seinen Job als ITler hat er schon lange aufgegeben, die Imkerei ist nicht nur zur Leidenschaft, sondern auch zum Beruf geworden. Hinter seinem Wohnhaus stapeln sich in Kammern und Unterständen Holzzargen, auf denen der Name seines Betriebs zu lesen ist: SizzerBees. Ähnlich außergewöhnlich ist auch Eddies Erscheinung als Bienenhalter, die ihn sogar als „hippen Imker“ ins Lifestyle-Magazin Men´s health katapultierte. Im urbanen Stil, NY-Cap auf dem Kopf, Sneakers an den Füßen, läuft Edward Sizzerhand, wie er sich als DJ nennt, an den Zargen vorbei ans Ende seines Grundstücks und zeigt hinüber auf den Acker, der dort nahtlos anschließt.

Ein benachbarter Gärtner hat hier Gemüse wie Hokkaido-Kürbisse kultiviert, die viele Pollen bringen; daneben steht Soja. In den Zucchini-Pflanzen sitzen die Honigbienen. Eddie und einige umliegende Landwirt:innen pflegen verschiedenste Kooperationen unter dem Motto: Bestäubung gegen Bienennahrung. Auf dem eigenen Grund stehen Obstbäume, daneben aber auch Spätblüher wie Disteln. „Heute weiß ich, wie man mit der Biene am besten zusammenarbeitet.“

Bilder: Sizzerbees

Dass seine Stadtbienen genügend Nahrung bekommen, ist mit zunehmender Trockenheit mehr und mehr eine Frage des Managements – und eine Frage des Überlebens seiner Bienen und der eigenen beruflichen Existenz. Eddie nutzt dafür sowohl Stadt als auch Land. „Direkt am Englischen Garten, wo die Vegetation von April bis Ende Juli vorhanden ist und nicht gespritzt wird, erhält man automatisch 60 Kilo Honig“, erklärt er. In Isar-Nähe, wo die Pflanzen sich mit Wasser versorgen können, befinden sich ebenfalls gute Standorte. „Auf dem Land kommt nach dem Raps nichts mehr“, sagt er.

Mit 24 bis 48 Völkern wandert er zu Massentrachten wie etwa Linden. „Ich bin wie ein Fischer, der durchs Meer fährt und seine Netze auswirft. Wo viele Fische reingehen, bleibt er und wirft auch die anderen Netze aus.“ Eddie arbeitet mit digitalen Stockwaagen, die ihm täglich zur selben Uhrzeit den Zuwachs im Stock mitteilen. Kommt viel rein, fährt er mit den anderen Völkern nach.

Die Bienen „nackt“ machen

Hilfreich sind auch die Bienenpatenschaften, die Eddie Obika mit verschiedenen Unternehmen in der Landeshauptstadt pflegt. Auf Dächern von Betriebsgebäuden, die sich beispielsweise in der Nähe von Biergärten mit Kastanienbäumen, Alleen oder dem alten botanischen Garten befinden, sind die Bienen konkurrenzlos und erwischen viel Nahrung. Als Spättrachten kommen anschließend Buchweizen- und Sonnenblumenfelder oder Blühweiden in Frage. Und dann gibt´s ja auch noch den Wald. „Wenn der einsetzt, dann setzt er richtig ein“, sagt Eddie und fährt in diesem Fall seine Völker zur Ernte auch mal bis nach Niederbayern. Einige Völker bleiben immer am Hof, denn bei seinen Erlebnisführungen für Schulklassen oder Vereine muss schließlich auch noch was zu sehen sein.

„Kurze Wege, regionale Wertschöpfung und ein unabhängig kontrolliertes Produkt – das ist für mich Bio. Beim Biokreis kommt dazu noch der hohe Anspruch an die Wachsreinheit.“

Eddie Obika

Imkern im Klimawandel ist für Eddie Obika normal. Er kennt es nicht anders, „musste aber auch erst mal auf den Trichter kommen“, wie das Management am besten funktioniert. Das Problem, dass die milden Winter günstige Bedingungen für die Vermehrung der Varroa-Milbe darstellen, ist in der Stadt besonders ausgeprägt. „In München gibt es 1200 Imker:innen – und nicht alle behandeln ihre Bienen“, gibt er zu bedenken. Seine Bienen isoliert aufzustellen sei angesichts dieser Dichte unmöglich.

Seit drei Jahren praktiziert er ein besonders effektives Verfahren der Varroabekämpfung. Anfang Juli macht er seine Bienen „nackt“. In einem mit Moskitonetzen umspannten Pavillon öffnet er die Flachzargen und pustet sie per Luftstrom in einen Eimer. In diesem werden sie mit Oxalsäure behandelt und sind damit nahezu milbenfrei. Gleichzeitig kann Eddie bei diesem Vorgang die Honigräume abernten, die Brutraumzargen auf Krankheiten begutachten und gegebenenfalls die Bienenmaße ausgleichen. Über einen Trichter kommen die Bienen dann in eine neue Beute.

Schreibt unserem Imkereiberater:

Eddie Obika

E-Mail: obika@biokreis.de
Tel: 0170 / 4042014

Landwirtschaft und Imkerei: Hand in Hand

Hinter dem Pavillon stehen kleine Kisten: die Behausungen für die Königinnenzucht. Zwischen 50 und 70 Königinnen schlüpfen hier pro Jahr, die meisten zur eigenen Verwertung. Ein altes Gartenhäuschen dient als Schleuderraum, eine neue Werkstatt wird gerade im Anschluss an das Wohnhaus eingerichtet. Doch nicht nur Honig, den er an der Haustür direkt vermarktet, strebt der Biokreis-Imker als Verkaufsprodukt an.

Bilder: Sizzerbees

Was ihn interessiert, sind Innovationen, wie das „Graiddl-Wax“, ein Bartbalsam mit Bienenwachs und Propolis, das er in einem Münchner Barber-Shop vertreibt. Oder der Honigkuchen im Glas, den er zu Muttertag anbot und den die Leute ihm quasi aus der Hand rissen. Das Bio-Label ist für Eddie dabei unglaublich wichtig. „Es schafft Vertrauen – gerade weil ich äußerlich nicht wie ein klassischer Imker auftrete“, meint Eddie. „Kurze Wege, regionale Wertschöpfung und ein unabhängig kontrolliertes Produkt – das ist für mich Bio. Beim Biokreis kommt dazu noch der hohe Anspruch an die Wachsreinheit.“

Wesensgerechte Bienenhaltung, perfektes Management, optimal angepasste Betriebsweise: Das sind zwar schon mal gute Voraussetzungen für die Imkerei der Zukunft, „doch wenn es in den kommenden Jahren noch öfter wochenlang über 30 Grad heiß ist, wird es auch für mich in der Stadt schwierig“, sagt er. Antworten sollte hier auch die Landwirtschaft geben. „Gemeinsam müssen wir Wege und Kulturen finden, mit denen wir wirtschaften können.“

Quinoa, Kichererbse, Buchweizen mit seinen neun Wochen Blühzeit – solche und andere alternative Produkte würden von Verbraucherseite immer stärker nachgefragt und nützen auch den Bienen. „Landwirtschaft und Imkerei müssen zusammenarbeiten.“ Als Imkerei-Berater will er sich dafür einsetzen, diesen Prozess im Biokreis künftig in Gang zu setzen.

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Ronja Zöls-Biber

Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit / Redaktionsleitung BioNachrichten