Von der Übersetzerin zur Beraterin
Lediglich zwei Frauen zählt der Biokreis bundesweit zu seinem Beratungsteam. Katharina Loibl ist eine von ihnen.
Eine Frau unter Männern zu sein – daran ist Biokreis-Beraterin Katharina Loibl gewöhnt. Aufgewachsen im oberbayerischen Landkreis Landsberg, verbrachte sie immer schon viel Zeit mit ihrem Papa in der familiären Nebenerwerbslandwirtschaft. In ihrem Umfeld entstand quasi „von allein“ ein Freundeskreis aus Landwirten – „ein spezielles Volk“, sagt Katharina augenzwinkernd und lacht, „aber ich weiß, wie sie ticken. Und ich fühle mich bei ihnen wohl“.
Schon im landwirtschaftlichen Studium ist sie als Frau unter jungen Männern gut zurechtgekommen. Danach war klar: Sie will unbedingt in die Beratung. „Ich seh´ gern was, ich bin gern in Kontakt mit Menschen und frei in der Gestaltung, und ich bin kein Büro-Typ“, erklärt sie. Angefangen hat sie als Beraterin beim Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e.V. (LKV). Seit fast drei Jahren ist sie beim Biokreis als Beraterin für das südliche Oberbayern im Einsatz und betreut hier rund 200 Betriebe. Belächelt wurde sie als Frau in der Beratung fast nie. Nur einmal beim LKV erinnert sie sich daran, dass ein Landwirt und sein Sohn ständig in ihrer Gegenwart Frauenscherze machten. „Nach kurzer Zeit haben sie aber meinen Rat und meine Qualitäten geschätzt und mich sogar bei Familienproblemen hinzugezogen“, erzählt Katharina.
In Beratungsangelegenheiten hat Katharina mehr mit den Männern zu tun. Vor allem zu den Stammtischen erscheinen meist die Landwirte und Söhne allein. Trotzdem ist auf den Höfen sehr oft auch die Frau in die Beratungsgespräche involviert, „was auch absolut wichtig ist. Für mich gehört die ganze Familie dazu“. Gerade bei spontanen Betriebsbesuchen trifft sie in der Regel die Bäuerin an. „Da entstehen dann richtig schöne, auch mal tiefsinnige Gespräche“, freut sie sich. Dabei spürt Katharina immer wieder, wie wichtig die Balance zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen ist – nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in den Familien. „Wenn diese Balance ausgeglichen ist, fühlt sich das für mich als Beraterin sehr harmonisch an“, sagt sie nachdenklich.
Vielen Eltern ist bei der Hofübergabe wichtig, dass ein Partner da ist, weil sie wissen, dass es allein schwer ist.
Gehört nur einem der Ehepartner der Hof – in der Realität selten der Frau –, müssen in Katharinas Augen faire Regelungen hinsichtlich Einkommen, Entlohnung, Erbfolge und Altersabsicherung des Nicht-Eigentümers getroffen werden. Wie dramatisch Scheidungen oder der Tod des Betriebsinhabers sein können, hat sie nämlich während des Studiums von einer erfahrenen Richterin in Agrarrecht gelernt. Frauen, die einen Hof führen, sind ihrer Erfahrung nach häufig alleinstehend. Dabei sei eine Partnerschaft bei der Betriebsführung förderlich. „Vielen Eltern ist bei der Hofübergabe wichtig, dass ein Partner da ist, weil sie wissen, dass es allein schwer ist.“
Im Beratungsteam des Biokreis Erzeugerring Bayern geht es Katharina als Henne im Korb gut. „Ich habe mit manchen meiner Kollegen richtig guten Kontakt und tausche mich oft aus.“ Trotzdem: Noch eine Beraterin im Team wäre schon schön. Katharina selbst hat sich als Frau nach und nach aus tradierten Rollenbildern befreit. Nach dem Abitur erlernte sie den Beruf der staatlich geprüften Übersetzerin – ein Beruf mit einem hohen Frauenanteil. Hintergrund: „Wenn ich einen Landwirt geheiratet hätte, hätte ich diesen Beruf gut nebenbei von zu Hause aus ausüben können.“
Doch es kam anders: Sie sattelte um, studierte selbst Landwirtschaft und möchte einmal den elterlichen Acker- und Grünlandbetrieb weiterführen. „In den Köpfen ist die Tradition, dass ein Sohn die Landwirtschaft übernehmen soll, zwar oft noch fest verankert, aber sie bröckelt“, sagt Katharina. „Diese Denkweise sollte sich ändern, denn heute muss man froh sein, wenn überhaupt jemand die Hofnachfolge antritt. Wenn ein Kind – egal ob Tochter oder Sohn – die Landwirtschaft weiterführen möchte, sollte es die Chance dafür geben.“