Tipps für das digitale Agrarbüro

Viele landwirtschaftliche Betriebe sind es noch gewohnt, Belege, Rechnungen und Angebote per Post zu erhalten, im Schuhkarton zu sammeln und später in Aktenordnern „verschwinden zu lassen“. Doch diese Szenarien sind in Zeiten der Digitalisierung längst Geschichte.
Das Büro muss zum Menschen passen
Wenn Landwirt:innen nebenbei Hofläden oder Bauernhofpädagogik betreiben, bleibt oft nicht viel Zeit, die Buchhaltung selbst zu erledigen. Da stellt sich die Frage, diese Arbeiten an ein Steuerbüro abzugeben oder (aus Kostengründen) selbst zu erledigen. Beides hat Vor- und Nachteile: Während das Steuerbüro Auswertungen oft nur einmal im Jahr oder quartalsweise zur Verfügung stellt, sieht der Selbstbucher genau, wie sich Kosten und Erträge gegenüberstehen, wie sich einzelne Betriebszweige entwickelt haben und wo Neuinvestitionen möglich sind.
Wer mit seinen Zahlen und seiner Liquidität „auf dem Laufenden“ ist, verfügt über einen guten Kenntnisstand bei Kredit- und Bankgesprächen, und finanzielle Engpässe lassen sich bereits im Vorfeld gut erkennen. Dabei ist das Arbeiten im digitalen Agrarbüro nicht so schwer, wie es für viele scheint. Mit der richtigen Ausstattung und Einstellung zur Arbeit kann das digitale Büro sogar Spaß machen, und die Zahlen lesen sich offen wie in einem Buch.
Doch was braucht es für ein gut ausgestattetes Agrarbüro?
Wir haben einige Tipps für euch zusammengestellt: Zunächst benötigt ihr eine passende Räumlichkeit oder einen separaten Schreibtisch, zum Beispiel in einer Wohnzimmerecke; der Küchentisch ist da eher ungeeignet. Passend ist ein kleines Räumchen, in dem die „Bearbeitenden“ ungestört sein können und die Unterlagen auch mal liegen bleiben können.
Als Arbeitswerkzeug braucht es einen PC, einen Drucker/Scanner, eine Maus und vielleicht noch ein Headset für die Teilnahme an Webinaren. Da die wachsende Bürokratie vielen Landwirt:innen wenig Zeit für „Schreibkram“ lässt, bringen eigene Systeme mehr Effektivität.
Ob an einem Tag in der Woche morgens um 10 Uhr oder freitags nach Feierabend die Büroarbeit erledigt wird, bleibt jedem selbst überlassen. Ist der Stapel jedoch zu hoch, sinkt die Motivation, überhaupt erst anzufangen. Es hat sich daher bewährt, regelmäßig kleine Portionen abzuarbeiten, statt Berge zu bewältigen.
Worauf ist beim Digitalisieren von Belegen zu achten?
Wenn Rechnungen und sonstige Belege per E-Mail ankommen, liegen sie bereits in digitaler Form vor und brauchen nur noch digital abgelegt zu werden. Handelt es sich aber um physische Belege in Papierform, müssen diese erst eingescannt werden, um danach digital bearbeitet werden zu können. Kassenzettel müssen zusätzlich vor dem Digitalisieren kopiert werden, da sie mit der Zeit verblassen und unleserlich werden. Wer lieber Fotos machen möchte, kann auch Apps für die digitale Belegablage nutzen
Dokumente in einer Cloud ablegen.
Wie lässt sich der Ablageprozess digitalisieren? Dokumente werden nicht mehr in Aktenordnern auf dem PC gespeichert, sondern in einer Cloud. Und was ist eine Cloud? Eine Cloud ist ein digitales Ablagesystem, in dem ihr eure Dokumente auf einem Netzwerk aus Servern ablegen könnt. Die Vorteile sind:
- Kein Datenverlust durch z. B. eine defekte Festplatte
- Zugriff von verschiedenen Geräten aus möglich
- Weitergabe der Dokumente in digitaler Form, z. B. per E-Mail
Bei dem Thema Datenschutz solltet ihr darauf achten, dass der Cloud-Server in Deutschland liegt, denn dann gelten auch deutsche Gesetze, und der Zugriff Dritter bleibt verwehrt. Top farmplan ist zum Beispiel ein guter Cloud-Anbieter. Die Server liegen in Deutschland und sind nach deutschem Recht TÜV-zertifiziert. Einmal in der Cloud abgelegt, könnt ihr eure Dokumente und Belege mit wenigen Klicks miteuren Steuer- oder Biokreis-Berater:innen teilen.
Welches Softwareprogramm für die Buchhaltung passt zu mir?
Es gibt unterschiedliche Programme für unterschiedliche Zwecke. Informiert euch im Vorfeld, welche Software eure Steuerkanzlei anbietet bzw. welches Programm für euren Betrieb passend ist. Auf dem Markt existieren zahlreiche Buchführungsprogramme für landwirtschaftliche Betriebe: Die Software Just farming zeigt zum Beispiel wiederkehrende Kosten wie Wasser, Strom, Futtermittel etc. automatisch an, wodurch die Buchhaltungsarbeit erheblich erleichtert wird. Ein integriertes Zahlungsprogramm und schneller Zugriff auf betriebswirtschaftliche Auswertungen, Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahresabschlüsse lassen euch mehr Zeit auf dem Hof als im Büro verbringen.
Das Programm ADNOVA bietet sich an, wenn viel mit Bargeld gearbeitet wird, und dient als Schnittstelle zum Steuerbüro. Dieses Programm ermöglicht einen optimalen Austausch von Kassendaten und Auswertungen zwischen dem Unternehmen, der Buchungsstelle und dem Steuerbüro.
Das Buchführungsprogramm HANNIBAL wurde speziell für die Landwirtschaft entwickelt und kann in allen Betriebsgrößen eingesetzt werden. Mit diesem Programm lassen sich laufende Geschäftsvorfälle einfach erfassen, und übersichtliche Auswertungen informieren über aktuelle Betriebssituationen.
Wer bereits das Programm Lexware nutzt, kann dieses mit dem Modul für die Landwirtschaft erweitern. Solltet ihr die Möglichkeit des Selbstkontierens nutzen, sprecht den finanziellen Vorteil mit eurem Steuerbüro ab. Doch Vorsicht! Beim Selbstkontieren sind Vorkenntnisse erforderlich, und nicht jeder ist von zu Hause aus Buchhalter oder Steuerfachgehilfin.
E-Rechnungspflicht
Mit der E-Rechnungspflicht eng verbunden ist die digitale Belegablage. Mit dem Wachstumschancengesetz ist seit dem 1. Januar 2025 die Pflicht zum Empfang elektronischer Rechnungen im strukturierten Format im B2B-Bereich in Kraft getreten. Übergangsregelungen gelten bis Ende 2026. Sinnvoll ist es hierfür eine separate E-Mail-Adresse einzurichten, um Rechnungen zu bündeln.
Beispiel:
rechnungen@hof-musterfrau.de
Und zum Schluss noch ein kleiner Insider-Tipp:
Auch in der Steuerberatungsbranche herrscht Fachkräftemangel. Wer also immer pünktlich seine Belege parat hat und eine gute Zahlungsmoral aufweist, wird von seiner Steuerkanzlei nicht so schnell „aussortiert“.
Die Autorin Annette Schmelzer ist Geschäftsführerin des Biokreis Erzeugerring NRW und Niedersachsen e.V.