Neue Brokkoli-Sorten

Von Gastautor:in | Gepostet am 05.08.2025

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Der ökologische Anbau von Brokkoli ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen, obwohl ein großer Bedarf an regional erzeugtem Brokkoli vorhanden ist. Ein Grund dafür ist die immer geringere Verfügbarkeit von etablierten Sorten sowie die Nichtverfügbarkeit von neuen Sorten, die für den Ökolandbau geeignet sind.

Versuchsfrage und Versuchshintergrund

Trotz der Bemühungen der ökologischen Anbauverbände konnten die Züchtungshäuser nicht dazu bewegt werden, bestimmte Techniken in der Züchtung für den Ökolandbau auszuschließen. Derzeit ist dies die Cytoplastenfusion, mit deren Hilfe eine männliche Sterilität importiert wird. In Zukunft könnte durch weitere – im Öko-Anbau nicht zulässige – Züchtungsmethoden (z.B. CRISP/CAS) das Angebot gänzlich zum Erliegen kommen.

Eine besonders betroffene Kultur ist der Brokkoli. Das Angebot an Brokkoli-Sorten für die niedersächsischen Biolandwirt:innen und -gärtner:innen verengt sich somit derzeit so stark, dass immer mehr Betriebe den Anbau sowohl für den Handel als auch für die Direktvermarktung in Frage stellen oder sogar bereits aufgegeben haben.

Der Züchtungsfortschritt bei Brokkoli ist in den vergangenen Jahrzehnten fast ausschließlich in Hybridsorten geflossen. Um diesen Fortschritt nicht zu verlieren, arbeiten einige Bio-Züchter:innen seit einigen Jahren mit derzeit (noch) verfügbaren Hybriden, die bislang nicht durch Cytoplastenfusion steril gemacht wurden, als Ausgangsmaterial. Sie entwickeln daraus nachbaufähige, samenfeste Sorten. Derzeit stehen einige der Bio-Züchtungslinien bereits zur Verfügung, die in diesem Versuch auf ihre Eignung für den ökologischen Anbau untersucht wurden und bei Feldbegehungen den anbauenden Betrieben demonstriert werden sollen. Die Betriebe brauchen auch in Zukunft neue Sorten, die sowohl im Einklang mit den Grundsätzen des Ökolandbaus gezüchtet und vermehrt werden als auch für die Vermarktung über Handel und Direktvermarktung geeignet sind. In dem Versuch wurde vom Gemüsebau- Beratungsteam Bioland Niedersachsen in einem nach wissenschaftlichen Kriterien angelegten Feldversuch auf einem Praxisbetrieb untersucht, wie sich die derzeit verfügbaren Sorten in Bezug auf Pflanzengesundheit, Ertrag und Qualität unterscheiden.

Erträge

Insgesamt lag das Ertragsniveau niedrig. Die Sorte ‚Belstar F1‘ erzielte mit 83,6 dt/ha den höchsten marktfähigen Ertrag, gefolgt von der ebenfalls hybriden Sorte ‚Covina F1‘ mit 68,8 dt/ha. Die Linie ‚721-SG‘ erreichte mit 60,4 dt/ha den höchsten marktfähigen Ertrag unter den samenfesten Züchtungen. Sie fiel durch ihre – im Vergleich zu den anderen untersuchten samenfesten Sorten – größeren Köpfe auf. Den geringsten marktfähigen Ertrag wiesen die Sorte ‚Floris‘ mit 45,9 dt/ha und die Linie ‚307-SG‘ mit 46,2 dt/ha auf. (Siehe Abb. 1)

Die geringsten nicht marktfähigen Erträge wurden bei den Sorten ‚Covina F1‘ (2,6 dt/ha), ‚Belstar F1‘ (3,0 dt/ha und der Linie ‚721-SG‘ (5,5 dt/ha) beobachtet.

Es gab deutliche Unterschiede zwischen den Sorten hinsichtlich ihrer Entwicklungsdauer. Die kürzeste Entwicklungsdauer wies die Sorte ‚Calinaro‘ auf. Als späteste und langsamste Sorte zeigte sich die Hybridsorte ‚Belstar F1‘. Insgesamt zog sich die Ernte über vier Wochen mit insgesamt sieben Erntegängen. (Siehe Abb. 2)

Das höchste Kopfgewicht erzielte mit 313 g/Kopf die Sorte ‚Belstar F1‘ (Abb. 3). Das mittlere Kopfgewicht über alle Sorten lag mit 243 g/Kopf auf einem niedrigen Niveau. Das geringste Kopfgewicht mit 221 g/Kopf hatte die Sorte ‚Jule‘. Pilzkrankheiten wurden nicht festgestellt. Der Schädlingsbefall blieb aufgrund der konsequenten Netzabdeckung auf einem niedrigen Niveau. (Siehe Abb. 3)

Für die Direktvermarktung spielt auch die nach dem Schnitt der Hauptblume erfolgende wiederholte Beerntung von Seitentrieben eine Rolle. Vor allem bei ‚Jule‘ und ‚521-SG‘ konnte eine starke Seitentriebbildung beobachtet werden. Eine mittelstarke Seitentriebbildung wurde bei ‚307-SG‘ und ‚721-SG‘ festgestellt. Die Hybridsorte ‚Covina F1‘ zeigte fast gar keine Seitentriebe. Neben den etwas niedrigeren Kopfgewichten, fällt bei den samenfasten Sorten eine höhere Variabilität zwischen dPflanzen auf. Mit weiterer Züchtungsarbeit könnte sich diese aber vermutlich verringern. (Siehe Abb. 4)

Oben von links nach rechts: Jule, Calinaro , Rasmus, Balimo (Floris), unten von links nach rechts: 307-SG, 521-SG, 721-SG, Belstar F1, Covina F1.

Fazit:
Die Ausbeute lag in diesem Versuch auf einem eher geringen Niveau, und auch die mittleren Kopfgewichte bewegten sich im unteren Bereich. Gründe dafür könnten die überwiegend kühlen und sehr feuchten Witterungsbedingungen sein. Warme Tage mit knapp 30 °C traten erst etwa eine Woche vor Erntebeginn auf. Anzumerken ist zudem, dass der Boden häufig wassergesättigt war.

Die beiden Hybridsorten zeigten sich – wie erwartet – einheitlicher und wiesen einen höheren Ertrag auf. Samenfeste Sorten haben bekanntermaßen fast immer einen geringeren Ertrag – das wissen wir auch von anderen Gemüsekulturen. Dafür verfügen sie über ein stabiles Erntefenster und einen besseren Geschmack. Für die Direktvermarktung, die häufig auch die Seitentriebe mitvermarktet, sind samenfeste Sorten ohnehin interessant. Bei den Hybriden wurde die Seitentriebbildung weitestgehend herausgezüchtet. Von den samenfesten Sorten zeigte vor allem ‚712-SG‘ Potenzial für einen professionellen Anbau, da diese Sorte sehr einheitlich war.

Die ökologische Züchtung bei Brokkoli ist in den letzten Jahren ein gutes Stück vorangekommen. Vor allem dank des unermüdlichen Einsatzes der Züchter:innen, im Fall Brokkoli von Heinz-Peter Christiansen, Barbara Maria Rudolf und Christina Henatsch. Vor dem Hintergrund, dass es aktuell unklar ist, ob die neuen Gentechnik-Verfahren in Europa zugelassen werden, ist es umso wichtiger, auch samenfeste Sorten auszuprobieren und kennenzulernen.
Der Brokkoli ist im Anbau sicherlich eine Königsdisziplin unter den Gemüsearten, in der Züchtung erst recht. Einen Brokkoliversuch erfolgreich anzulegen, die Kulturführung optimal zu gestalten und letztendlich ergebnisorientiert auszuwerten, ist deshalb herausfordernd. Dass der Versuch gelungen ist, haben wir vor allem dem engagierten Team vom Hof Wurzelreich zu verdanken. Vielen Dank dafür!

Der Versuch wurde aus Mitteln des Landes Niedersachsen gefördert.

Die Autorin Nadine Liebig ist Beraterin für den Gemüseanbau bei Bioland.

Gastautor:in