Augenschmaus auf kleiner Fläche
Auf dem Millerhof in Badhaus experimentiert Felix Miller mit Obst und Gemüse. Ein Besuch von Biokreis-Berater Georg Sandhöfner.
Mein Weg führt mich nach Oberschwaben in den Landkreis Biberach. Hier in der Region befinden sich hauptsächlich Milchviehbetriebe, Schweinemäster und auffallend viele Biogasanlagen. Auf dem Weg nach Bellamont kommt man an vielen Höfen mit neuen großen Stallungen und Hallen vorbei. Ich verlasse den Hauptweg, biege Richtung Badhaus ab und tauche in eine Idylle ein. Alte Bäume säumen den Weg und die Weiden. Der Weiler Badhaus ist eine grüne Oase mit mehreren alten landwirtschaftlichen Gehöften. Am Millerhof angekommen, empfängt mich Felix, der Jungbauer. Der 27-Jährige hat in Hohenheim Agrarwissenschaften studiert und ist nach dem Studium in den landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern eingestiegen. Gemeinsam bewirtschaften sie den Betrieb in fünfter Generation und haben sich auf Milchviehhaltung spezialisiert. Das Grünland umgibt den Hof – ideal für Weidegang. Gemolken wird mit einem Melkroboter.
Doch Felix musste sehr schnell feststellen, dass Milchviehhaltung nicht seine Leidenschaft ist. Sein Herz schlägt für Obst und Gemüse. So kaufte er sich vor vier Jahren seinen ersten Folientunnel für Experimente mit dem Anbau von Obst und Weintrauben.
„Meine Eltern ließen mir von Anfang an freie Hand bei meinen Anbauversuchen.“
Kleine Fläche, große Vielfalt
Was klein begann, hat sich heute auf ein Hektar Anbaufläche ausgeweitet, davon sind 60 Prozent Folientunnel und Folienhäuser. Felix Millers Anbausystem orientiert sich an den Prinzipien von „Market Gardening“. Dabei wird auf einer kleinen Fläche sehr intensiv Gemüse in sehr großer Vielfalt angebaut. Um einen hohen Ertrag zu erzielen, wird dicht gepflanzt. Meistens wird die Ernte direkt vermarktet. Abgeerntete Areale werden sofort wieder bepflanzt. Die Bewirtschaftung erfolgt mit sehr wenig Maschineneinsatz. Inzwischen sind wir zu Fuß zum „Gemüsegarten“ gelaufen. Dieser liegt oberhalb der Hofstelle und sieht aus wie ein großer bunter Teppich: Rote Beete, Mangold, Kraut, exotische Salate, Kräuter und vieles mehr schmücken diesen. Es ist ein Augenschmaus. Die Vielfalt an Gemüsearten ist unbeschreiblich. Aber wie ist die ganze Arbeit zu bewältigen? Ich denke an meinen kleinen Gemüsegarten zu Hause auf meinem Hof.
Aus 150 Traubensorten die Top-50 gefunden
Sehr viel Handarbeit steckt in diesem Anbausystem. „Ich versuche jede Saison, mein Anbausystem zu verbessern, um die Arbeit zu erleichtern und die Qualität meiner Produkte zu steigern.“ Felix hat sehr hohe Qualitätsansprüche, das sehen wir später noch in seinem Folienanbau. Für die Beete nutzt er bei einigen Kulturen Mulchfolie. Die Laufwege zwischen den Beeten sind teilweise mit Laufbahnen aus Bändchengewebe ausgelegt. „Es sieht zwar nicht schön aus, aber so habe ich einen geringen Pflegeaufwand. Bei feuchter Witterung komme ich trotzdem gut zu meinen Beeten.“ Für die Arbeiten beschäftigt er eine feste Mitarbeiterin sowie einige Saisonkräfte. „Und meine Eltern unterstützen mich auch von Anfang an sehr tatkräftig.“ Wir erreichen die ersten Folientunnel. Inzwischen sind es mindestens zehn Stück. Der Anbau in den Tunneln erfolgt ohne Pflanzenschutzeinsatz. In den ersten Tunneln werden Tomaten, Gurken und Paprika angebaut. Klassischer Gartenbau, doch dann wird es außergewöhnlich. Es folgen Tunnel mit Kirschen, Kiwis, Aprikosen, Kaki, Feigen, Physalis, verschiedenen Beeren und zuletzt Tafeltrauben. Um bei Qualität und Geschmack seiner Erzeugnisse hohe Maßstäbe einzuhalten, ist für Felix die Sortenwahl sehr entscheidend. Bei seinen Tafeltrauben hat er in Anbauexperimenten aus 150 Sorten seine 50 Top-Sorten gefunden. Ich habe noch nie zuvor solche schönen Tafeltrauben gesehen, geschweige denn gekostet. Und geschmacklich sind sie ein reiner Genuss.
Früchte und Gemüse gefriergetrocknet
Wir machen uns wieder auf den Rückweg zum Hof. Felix erklärt mir dabei seine verschiedenen Vermarktungswege. „Zuerst habe ich Bioläden beliefert und einen Abhof-Verkauf angefangen. Samstags biete ich ab und zu Feldführungen mit Verköstigungen an. Wir haben inzwischen eine Biokiste.“ Seit diesem Jahr wird auch auf dem Wochenmarkt in Biberach an der Riß an einem Stand verkauft. Dort werden ausschließlich Erzeugnisse aus eigenem Anbau angeboten. Der Wochenmarkt hat ihm viel neue Kundschaft gebracht. Mit seinen besten Erdbeeren und dem schönsten Marktstand auf dem Wochenmarkt wurde er gleich bekannt. Zum Glück kümmern sich seine Eltern um den Stand. Zum Schluss zeigt mir Felix noch seine Hofverarbeitung. Kann nicht alles vermarktet werden, dann werden Obst und Gemüse auf andere Art verwertet. So gibt es auch bei Felix Miller Marmelade, Ketchup, Tomatensoße, Chutney – aus eigener Herstellung. Außerdem beeindruckt er noch mit einem besonderen Highlight: Mit der Herstellung gefriergetrockneter Beeren, Früchte und Gemüse. Dazu hat er sich einen Schockfroster und eine Vakuumgefriertrocknung zugelegt. Das habe ich bisher nur bei Verarbeitungsbetrieben gesehen. Er gibt mir eine Kostprobe: Erdbeeren. Und auch diese schmecken einfach nur genial …
Georg Sandhöfner, Berater beim Biokreis-Erzeugerring Bayern
Landwirtschaftliche Beratung im Allgäu und in Baden-Württemberg