Direktermarktung: Vorsicht Rabattfalle

Von Gastautor:in | Gepostet am 25.09.2025

Like and share

Auf WhatsApp teilenAuf LinkedIn teilen

Den Frust kennen wahrscheinlich die meisten direktvermarktenden Betriebe: Mist, gerade läuft es nicht. Das Rindfleisch der aktuellen Schlachtung geht doch nicht weg. Oder wer erst vermarktet, wenn das Rind denn komplett online verkauft ist, wartet einfach länger auf den Zielwert. Oder die Zucchini – schon wieder liegen sie auf Halde. Und manches will man ja nicht endlos lagern, verstopft es doch die Lagerkapazitäten. Oder wird einfach schlecht, das MHD läuft ab. Schnell ist der typische Mechanismus da: Runter mit dem Preis, dann geht es schon weg. Besser weg mit Schaden als drauf sitzen bleiben.

Eine verständliche Entscheidung – aber ist es auch eine kluge?

Rabatte als Lösung fürs Absatzproblem? Eine Überschrift aus dem Internet macht nachdenklich. Dort schreibt die Wienerin Michaela Benkitsch, Marketing- und Markenexpertin, verkürzt wiedergegeben: „Rabatte schaden – es gibt bessere Strategien“.

Rabatte schaden – das bestätigt das, was ich als direktvermarktender Bauer immer schon gefühlt habe. Dieses blöde Gefühl, die fairen Preise, die wir ausgerechnet haben, zu reduzieren. Sich quasi unter Wert zu verkaufen. Darum gab es bei uns auf dem Klosterhof nie Rabatte. Aber ich weiß, dass das andere Betriebe anders sehen – und dass es auch Momente gibt, wo Rabatte sinnvoll sein können.

Zunächst aber muss mensch mal festhalten: Wer heute online schaut, wer heute in Geschäfte geht – Prozente werden ständig gegeben. Und wenn man lange genug wartet, ist fast jedes Produkt mal rabattiert. Naja, bis aufs Hühnerfutter – aber wir reden hier ja vom Geschäft mit den Endkund:innen. Und da gilt eigentlich: Schlussverkauf ist immer … Weil Umsatz eben auch Marktmacht bedeutet. Aber Umsatz ist eben nicht gleich Gewinn. Und Michaela Benkitsch betont: „Es kann Deiner Marke mehr schaden, als es kurzfristig nutzt.“

Die Gründe für diese Einschätzung haben mich interessiert, letztlich heißt rabattieren ja auch: Es geht auch günstiger, die Ware ist vielleicht doch weniger wert als sie ursprünglich ausgepreist ist. Die Hofqualität hat seinen Preis – und verliert ihn per Rabatt gleich wieder. Außerdem: Rabatte werden gezielt von der Kundschaft gesucht, die eigentlich immer und überall sparen will – Schnäppchenjäger sozusagen. Ist diese die richtige Kundschaft? Treue Stammkund:innen werden das auf jeden Fall nicht. Zudem sind Impulskäufe oft mit Rabatten verbunden (die Ersparnis muss ich noch mitnehmen, denkt sich die entsprechende Kundschaft). Ein gutes Gefühl aber bleibt bei den Kaufenden nicht unbedingt. Nicht die Werte haben überzeugt, es war der Preis.

Das ist vielleicht doch nicht die richtige Strategie, um langfristig mehr Absatz zu generieren und dabei den Gewinn – von dem wir ja alle leben – nicht zu schmälern. Drei Gründe also, die eine kritische Sicht auf die Rabatte rechtfertigen: Entwertung unserer hochwertigen Produkte, Anlocken von Schnäppchenjägern – und Impulskäufe, die bei der Kundschaft nicht unbedingt gute Gefühle hinterlassen. Und die guten Gefühle, die braucht es für eine langfristige KundInnen-Bindung.

Trotzdem: Das Fleisch, das Gemüse muss raus, muss verkauft werden. Da ist Bäuerin und Bauer dann doch unter Druck – aber vielleicht findet sich ja ein anderer Weg. Wenn Rabatte nicht zur Gewohnheit werden dürfen (irgendwann vor der nächsten Schlachtung wird´s schon günstiger, da kann die Kundschaft drauf warten), gibt es vielleicht gute Gründe. Gründe, die ein Gewinn-Minus rechtfertigen können. Es braucht halt gute, konkrete Anlässe – ein paar Beispiele:

  • Neukund:innen-Angebote – sozusagen Schnupperpreise zum Einstieg, aber wirklich nur zum Einstieg. Das kann man auch der Stammkundschaft erklären, die sich vielleicht zurückgesetzt fühlt.
  • Umsatzabhängige Rabattierungen – wer kräftig zuschlägt, je nach Produkt über 50 Euro, über 200 Euro, der/die wird quasi belohnt. Was man auch erklären kann: Hier wird Aufwand gespart, hier wird gleich für eine Großbestellung das Lager durchsucht und die Bestellung zusammengefasst.
  • Mal was Besonderes: Barzahler:innen belohnen – sie verursachen keine Kosten beim Kredit-Institut, da kann man ruhig auch ein wenig beim Preis etwas nachlassen, da dem ja echte Ersparnis gegenübersteht.
  • Oder einen besonderen Anlass finden – sei es Muttertag oder Jubiläum. Aber es muss klar sein: Das ist eine anlassbezogene Spezialaktion, die sich nicht ständig wiederholt.

Einige Rabatte kann man dauerhaft einführen (die ersten drei zum Beispiel), aber ständig Anlässe zu (er)finden, das glaubt einem auf die Dauer eh kein Mensch.

Aber es gibt trotzdem noch weitere Möglichkeiten, Kundschaft zu binden. Auch wenn es vielleicht mal wehtut, aber eine Möglichkeit: Gratisleistungen anbieten. Den Transport der Ware bis vor die Haustüre, die – kostenlose – Beigabe eines neuen Produktes (in der Hoffnung, dass die Kundschaft Gefallen daran findet und es demnächst bestellt). Da kann einem so einiges zu einfallen.

Wichtig ist nur: Die Kundschaft muss die Gratisleistung wahrnehmen. Also ist es besonders geschickt, die Gratisleistung auf der Rechnung mit anzugeben. Da aber Rechnungen auch einige formale Bedingungen einhalten müssen, gibt es dazu zwei Varianten.

  • Variante eins: Die Gratisleistung wird als eigenständige Position auf der Rechnung vermerkt – inkl. des üblichen Preises in der Produktabrechnung. Aber in der Summen-Liste steht dann als Nettopreis entweder 0 Euro oder „ohne Berechnung“.
  • Variante zwei: Es ist auch möglich, die Gratisleistung vollwertig auf der Rechnung auszuweisen (zwei Landjäger – 5 Euro netto), aber dieser Nettopreis wird am Ende der Rechnung wieder komplett als Rabatt abgezogen.

Bei jeder der beiden Varianten erkennt die Kundschaft, dass sie eine besondere Leistung erhielt – und freut sich hoffentlich … Das ist dann Kund:innen-Bindung mit raffiniertem Rabatt, der auch nicht zu einer Gewöhnung oder einer Entwertung des Produktes führt.

Eines sei aber letztlich noch notiert: Gibt es dauerhaft Probleme mit Übermengen, helfen alle Lockungen an die Kundschaft nichts, Und finden sich eben auch nicht genügend neue Kund:innen – dann muss mensch intensiver nachdenken. Denn Preisnachlässe können eben auch den Betrieb gefährden, eine Neu-Ausrichtung in Vermarktung (neue Trends und Techniken nutzen) und/oder des Betriebes kann die Konsequenz sein. Auch wenn das auf einem landwirtschaftlichen Betrieb wirklich schwerfallen kann. Wir sind zwar oft stur und bodenständig – aber es darf nicht unsere Existenz kosten.

Der Autor Peter Schmidt ist Ökolandwirt und Vorstand des Biokreis Erzeugerring NRW und Niedersachsen e.V.

Gastautor:in