„Wir haben die Gentechnik gestoppt!“
Biokreis-Imker Hans Georg Oswald bewies Mut und erinnert sich für uns an die Zeit, in der er den Freistaat Bayern verklagte.
Hans Georg Oswald (56) war „völlig unpolitisch“, als er 1996 mit der Bienenhaltung begann, für die es damals noch nicht einmal Bio-Richtlinien gab. Von Anfang an imkerte er ökologisch, diskutierte und gestaltete über seinen früheren Verband Bioland die EU-Öko-Richtlinien mit. Doch eines Tages las er
in seiner Heimatzeitung ein Interview mit Hubert Weiger, dem damaligen Vorsitzenden des Bund Naturschutz. Weiger wurde damals zitiert: „Niemand wird mehr Honig kaufen, wenn die Gentechnik
kommt.“ Denn niemand wolle ein gentechnisch verändertes Naturprodukt. Hans Georg Oswald sah die
Zukunft der Hongbienen und auch seine eigene bedroht – und fing an zu kämpfen…
Standorte der Versuchsfelder mussten freigelegt werden
Infos wurden gesammelt und verteilt, Flugblätter gedruckt, Plakate gehängt. Hans Georg Oswald war voll im Einsatz. Und als schließlich 1999 der Bund Naturschutz bei ihm anfragte, ob er bereit wäre, den Freistaat Bayern zu verklagen, stimmte der Bio-Imker zu. Der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber
hatte damals angekündigt, dass Bayern Weltspitze in der Biotechnologie werden solle. 200 gentechnisch veränderte Versuchsfelder wurden in der Folge über den Freistaat verteilt. Wo sich diese befanden, wurde nicht veröffentlicht. „Der Bund Naturschutz als damals rein gemeinnützige Organisation konnte selbst
wegen mangelnder Betroffenheit juristisch nicht dagegen vorgehen“, erinnert sich Hans Georg Oswald.
Man brauchte einen ökologischen Berufsimker, der als Voraussetzung für die Erhaltung seiner Existenz wissen musste, wo sich die Felder befanden. Es kam zu einem Vergleich – und Bayern legte die Standorte
der Versuchsfelder offen. „Fachlich habe ich damals nichts zu dem Rechtsstreit beigetragen. Meine Aufgabe war es, den Kopf hinzuhalten“, erzählt Hans Georg Oswald. Dafür, dass die Kosten für das
Verfahren der Bund Naturschutz übernehmen würde, gab es lediglich eine mündliche Zusage. Darauf hat er sich verlassen und wurde auch nicht enttäuscht.
“Felderbefreiung” mit Verhaftung
Als klar war, wo die gentechnisch veränderten Pflanzen wuchsen, begann die „Felderbefreiung“, wie sie damals genannt wurde. Menschen rissen die Pflanzen unter dem Leitspruch „Gendreck muss weg“ aus der Erde, bis der Staatsschutz eingriff. Manche von ihnen kamen sogar in Untersuchungshaft. „Hier mitzumachen, traute ich mich nicht“, sagt Hans Georg Oswald, „ich musste mich ja um meine Bienen
kümmern und hätte ein echtes Problem gehabt, wenn ich eingesperrt worden wäre.“ Er ist sehr stolz auf seinen Erfolg, den er gemeinsam mit dem Bund Naturschutz erzielt hatte. „Wir haben die Gentechnik gestoppt!“ Dass dieser Erfolg nun wieder auf der Kippe steht und es aktuell erneut um dieselbe Thematik
geht, sei bitter. Doch viele Bio-Pionier:innen seien ausgepowert vom Kampf, jetzt sei die nächste Generation dran.
Freude an kleinen positiven Veränderungen
„Damals haben wir nichts von der Politik bekommen – darum mussten wir auch keine Rücksicht auf sie nehmen“, erklärt er eine relevante Veränderung. Heute komme die Politik auch der Ökolandwirtschaft stark entgegen, zwar öfter mit Worten als mit Taten, aber dennoch: Allein die EU-Öko-Verordnung habe die Ökolandwirtschaft gestärkt und ihre Existenz gesichert. Denn zuvor konnte ein Discounter einfach Honig als Bio deklarieren und in die Filialen stellen. Das war mit der Einführung der Richtlinien nicht mehr möglich.
In der Bio-Imkerei will Hans Georg Oswald heute neue Herausforderungen bewältigen. So
hat er vor, die vom Aussterben bedrohte Dunkle Salzburger Alpenlandbiene, die sogenannte Apis mellifera mellifera, auf seinem Betrieb zu etablieren. In Deutschland wurde sie ausgerottet – eine Folge der Rassenideologie, wie er erläutert: Die dunkle Biene wollte man nicht erhalten. Das letzte heimische
Mellifera-Volk starb im Jahr 1977. „Mit botanischen Besonderheiten, mit Naturschutzprodukten ist es auch für uns Ökos leichter, Nischen zu besetzen“, erklärt der Biokreis-Imker, der 36 Völker und außerdem Schafe hält.
Persönliches, nicht öffentliches Engagement steht heute bei Hans Georg Oswald an erster Stelle. Auf lokaler Ebene kämpft er im Austausch mit den Gemeinderatsmitgliedern für ökologische Themen. Engagement macht ihm nämlich nach wie vor Spaß. „Ich finde Freude an den kleinen positiven Veränderungen. Und auf diese konzentriere ich mich.“