Bildung als Schlüssel
Biokreis-Landwirt Wolfgang Kleinlein ist für verschiedene Organisationen aktiv.
Wenn Wolfgang Kleinlein (57) aus Oberasbach im Landkreis Fürth als Musiker einen Einsatz hatte, vereinbarte er für gewöhnlich im Vorhinein sein Honorar. Dann fuhr er zum Auftraggeber, spielte und bekam sein Geld. Doch nachdem sich der Franke mit abgeschlossenem Musikstudium 1995 gemeinsam mit seiner Frau dazu entschieden hatte, den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern fortzuführen, musste er erst mal umdenken. Denn plötzlich galt es, die erzeugte Milch abzuliefern und viele Wochen später erst den Preis dafür zu erfahren und erhalten. „Das widerspricht mir komplett“, sagt er. Das erklärt auch, warum sich der Landwirt beim Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM) dafür einsetzt, dass sich an der üblichen Praxis etwas ändert. Er verbreitet E-Mails, schreibt an Politiker:innen und gibt Informationen an die lokale Presse. Doch nicht nur hier stellt er sich gegen ein etabliertes System.
Weil er seine Rinder nicht mit einem nicht zugelassenem Impfstoff gegen die Blauzungenkrankheit impfen lassen wollte, habe er sich 2008 der neu gegründeten Organisation IG Gesunde Tiere angeschlossen. „Ich war der Einzige im Landkreis, der sich im ersten Jahr weigerte. Meine Lösung liegt überwiegend in der Naturheilkunde, einer tiergerechten Haltung und Fütterung sowie einem guten Hygienekonzept. Beim ersten Kontakt mit der Naturheilkunde vor mehr als 20 Jahren hatten wir das Glück, neben einem Arbeitskreis noch eine professionelle Tierheilpraktikerin in der Nähe zu haben, mit deren Hilfe wir auch die Angst vor akuten Krankheiten verlieren durften“, erklärt Wolfgang Kleinlein.
Alleine sei es nicht möglich, einen solchen Sonderweg durchzuziehen. Deshalb sei er auch heute noch in der IG Gesunde Tiere aktiv und hat über diese derzeit sogar eine Klage laufen. Während der Vogelgrippe vor drei Jahren stellte er einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung, um seine Hühner nicht aufstallen zu müssen. „Eine Aufstallungspflicht für Bio-Tiere machte damals in meinem speziellen Fall keinen Sinn“, begründet er seinen Entschluss. Da die Klage bisher vom Verwaltungsgericht noch nicht bearbeitet wurde, kann er nicht auf Details eingehen. Fest steht aber: „Als Einzelner kann man sich das auch ökonomisch nicht antun, denn die Verfahrenskosten mit Gutachten und Anwälten stehen für einen Einzelnen nicht im Verhältnis zur Wirtschaftlichkeit weniger Legehennen und kann letzten Endes in den wirtschaftlichen Ruin führen.“
Es tut weh, wenn Menschen gar nichts von der Natur wissen.
Seine Strategie, sich zusammenzuschließen, führte ihn auch zu Aktivitäten bei der AbL Franken, der IG Gesunder Boden und der IG Gesunde Gülle. „Ich freue mich über Menschen, die etwas anschubsen, und die unterstütze ich dann gerne“, sagt er. Wie viel Zeit sein Engagement in Anspruch nimmt, kann er nicht sagen. Denn sich in Themen einzulesen und sich fortzubilden gehöre schließlich auch dazu. Am Ende sei man immer wieder gemeinsam erfolgreich. Manchmal müsse man allerdings auch feststellen: Das war jetzt umsonst. „Das ist aber sicher in der Politik noch schlimmer. Schon wegen des Fraktionszwangs, der meist herrscht, wäre das nichts für mich.“
Tendenziell seien Landwirt:innen motiviert, um bei kurzfristigen Aktionen mitzumachen – vor allem um dem eigenen Betrieb zu nutzen. Langfristiger Einsatz werde aber weniger. „Viele sagen: Mir geht es so schlecht. Ich dagegen denke: Mir geht es gut, und ich kann was weitergeben.“ Um junge Menschen ins Engagement für Landwirtschaft zu bringen, sei Bildungsarbeit in den Schulen der Schlüssel. Wer den Boden gerochen und einen Hofbesuch positiv erlebt habe, setze sich später vielleicht eher dafür ein.
Wolfgang Kleinlein erlebt immer wieder, dass Engagement fehlt oder falsch verstanden wird. Kürzlich hat ein Hund eins seiner Kälber gerissen – und niemand hat ihm Bescheid gegeben. Und mit der Drohne fand man ein Kitz auf seinem Acker – es wurde aus der gesicherten Kiste entnommen und angefasst. „Auch wenn Tauben gefüttert werden, frage ich mich: Warum? Es tut weh, wenn Menschen gar nichts von der Natur wissen.“