Alte Rinderrassen: Robust und vielseitig
„Wir sind hier ein bisschen anders“, sagt Max Resch, als wir bei ihm im Hof stehen. Der 64-jährige Biokreis-Bauer aus Hinterschmiding in Niederbayern mit 14 Milchrindern meint damit unter anderem, dass er bei seinen Tieren keinen Wert auf Hochleistung legt. Wichtiger sind ihm Robustheit und Lebensleistung. Darum hält er alte Rassen.
Allein in Bayern gab es laut der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) im 19. Jahrhundert etwa 35 Rinderrassen. Heute ist nur noch ein Bruchteil davon geblieben. Die ursprüngliche Vielzahl regionaler Rassen verschwand mit der Entwicklung der modernen Landwirtschaft.
Intensivierung, Rationalisierung und Spezialisierung der Produktion führten nach und nach zur Verringerung der landwirtschaftlichen Vielfalt. Dabei stellt die sogenannte Agrobiodiversität einen wichtigen Bereich der biologischen Vielfalt dar. Sie umfasst die zahlreichen landwirtschaftlich genutzten Pflanzen- und Tierarten sowie die Vielfalt der Agrarökosysteme.
Die Pflanzensorten und Tierrassen wurden zu großen Teilen vom Menschen geschaffen und sind zugleich Kulturgut und eine Sonderform der Biodiversität. Der Erhalt alter und seltener Nutztierrassen dient dem Erhalt einer möglichst großen genetischen Vielfalt. Denn je vielfältiger die Rassen, desto mehr Möglichkeiten stehen zur Verfügung, um veränderten Umweltbedingungen zu begegnen und neue Bewirtschaftungsmethoden zu entwickeln. Zudem sind alte Nutztierrassen nach Zuchtzielen wie lange Lebensleistung und Robustheit ausgewählt worden. Aufgrund dieser Zuchtwahl bringen diese Tiere zwar weniger Leistung, sind aber auch weniger anfällig für Krankheiten und Stress. Das macht sie gerade für Bio-Betriebe interessant.
Max Resch und seine Tiere
Eigenschaften wie Robustheit, Mütterlichkeit und Gelassenheit sind es auch, die Max Resch an seinen Tieren ganz besonders schätzt: „Ich bin kein Nostalgiker. Aber man merkt einfach: Die Tiere sind von den Klauen her ganz anders. Die Klauen sind bei den Pinzgauern härter als bei anderen Rassen und machen weniger Probleme. Außerdem sind die Tiere genügsamer und brauchen nicht das beste Futter. Trotzdem bringen sie noch locker 5.500 Liter Milchleistung im Jahr.“ Max Resch füttert seine Tiere ausschließlich mit Gras, Heu und Silage. Kraftfutter erhalten sie nicht. Das Heu gewinnt Max Resch aus Lagen bis 1.000 Meter Höhe. Es zeichnet sich durch eine hohe Artenvielfalt der Gräser und Kräuter aus. Probleme mit der Futterversorgung hatte der Bauer noch nie: Durch die Genügsamkeit der Tiere und durch die extensive
Haltung – für die 14 Milchrinder stehen knapp 19 Hektar zur Verfügung – können auch Trockenphasen oder andere klimatische Herausforderungen gut abgefedert werden.
Angesprochen darauf, warum er diese heute eher ungewöhnliche Form der Landwirtschaft gewählt hat, macht er seine Haltung klar: „Das wäre eigentlich die normale Landwirtschaft, also wie sie sein sollte. Wir müssen weg von den Hochleistungsbetrieben. Wir hätten dann weniger Milch, weniger Fleisch – und viel weniger Probleme. Noch dazu hätten wir gesündere Lebensmittel.“
Wie wichtig ihm seine Tiere sind und sein Umgang mit ihnen, wird bei unserem gemeinsamen Besuch
auf der Weide bei den Ochsen und Färsen deutlich. Die Tiere sind zutraulich und kommen gleich angelaufen. Besonders zu Max Resch suchen sie Kontakt, beknabbern seine Jacke und lassen sich gerne streicheln.
Max erzählt: Alle Kälber werden am Hof aufgezogen, keines wird verkauft. Die Tiere sollen ein gutes
Leben haben. Wenn es zur Schlachtung geht, bedankt er sich bei den Tieren für die gute Zusammenarbeit. Was auffällt: Die Rinder auf der Weide geben eine bunte Gruppe ab. Neben Pinzgauer Rindern und Fleckvieh stehen hier Murnauer-Werdenfelser-Kreuzungen und Pustertaler-Kreuzungen. Den Bestand an alten Rassen möchte Max Resch gerne noch erweitern. Unbedingt wünscht er sich Ansbach-Triesdorfer Rinder und Original Braunvieh. Aber reinrassige Vertreter alter Rassen sind gar nicht so einfach
zu bekommen, weil sie nicht mehr an vielen Höfen vertreten sind.
Förderprogramme für alte Rassen
Auch finanziell lohnt es sich durchaus, alte Rassen am Hof zu halten. In den meisten Bundesländern gibt es Förderprogramme für alte Rassen. Die Haltung der Tiere über einen bestimmten Zeitraum wird also mit einer Förderprämie entlohnt. Zu den geförderten Tierarten gehören neben Rindern auch Schweine, Ziegen, Schafe und Pferde. Welche Rassen als förderwürdig eingeordnet sind, hängt vom jeweiligen Bundesland ab.
In Bayern stehen sechs Rinderrassen auf der Liste: Murnau-Werdenfelser, Pinzgauer, Original Braunvieh, Ansbach-Triesdorfer, Rotes Höhenvieh und Gelbvieh (Frankenvieh). Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Tiere im Zuchtbuch einer anerkannten Züchtervereinigung eingetragen sind. Beim Kauf braucht man also für den Nachweis die Zuchtpapiere, in der die Herkunftsrassen belegbar sind.
Auch Max Resch profitiert von der Förderung. Vor allem aber hat er Spaß an seinen Tieren und ist überzeugt davon, dass eine traditionelle Form der Landwirtschaft Zukunft hat.