„Bei Bio wird viel betrogen“?

Gemüse von den Herrmannsdorfer Landwerkstätten
BÖL-Studie offenbart geringes Vertrauen in Bio-Lebensmittel.
Erstmals haben Agrarökonomen der Göttinger Universität gemeinsam mit Kulturanthropologen und Bildungswissenschaftlern sowie dem Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen das Verbrauchervertrauen in Bio-Produkte erforscht. Laut der repräsentativen Umfrage des Göttinger Forschungsteams unter 2000 Teilnehmer:innen misstrauen viele Menschen der Bio-Qualität und wissen nur wenig über den Ökolandbau. Während einem Fünftel der Stichprobe nahezu jegliches Wissen über Bio-Qualitäten fehlte, verfügten über 60 Prozent der Befragten über Grundwissen zu Prozess- und Produktqualität von Bio-Produkten. Nur jede:r dritte Befragte ist davon überzeugt, dass die bei uns verkauften Bio-Produkte tatsächlich Bio sind. Dagegen stimmten gut 40 Prozent der Stichprobe der Aussage „Bei Bio wird viel betrogen“ eher zu. Und nahezu jede:r dritte Befragte ist überzeugt, dass Bio nur Marketing sei. Knapp 18 Prozent gehen sogar davon aus, dass sich Bio-Produkte und konventionelle nicht unterscheiden. Zu diesen und vielen weiteren Ergebnissen kam die inter- und transdisziplinäre Studie „Authentizität und Vertrauen bei Bio-Lebensmitteln. Innovative Kommunikationsansätze entlang der Produktkette und in der Gesellschaft (AVOeL)“ der Universität Göttingen. Das viereinhalbjährige Verbundvorhaben wurde über das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) gefördert.
Bio ist zu einem überhöhten Symbol geworden
Aus Sicht des Forscherteams basiert das Misstrauen der Befragten häufig auf oberflächlichem Wissen, Unkenntnis oder überhöhten Erwartungen und Wunschvorstellungen. Nach Einschätzung der Studienautorin Prof. Antje Risius liegt dies daran, dass Bio zu einem „überhöhten Symbol rundum guter Lebensmittel“ geworden ist. Werden die Erwartungen der Bio-Konsument:innen immer wieder enttäuscht, etwa durch in Plastik verpacktes Bio-Gemüse oder weite Transportwege, so könne dies letztlich das
Vertrauen in Bio maßgeblich schmälern.
Authentisch kommunizieren
Um das Vertrauen in Bio-Qualität zu stärken, reicht es aus Sicht der Studienautor:innen nicht aus, Verbraucher:innen ausschließlich auf der kognitiven Ebene anzusprechen. Neben sachlichen Informationen über den ökologischen Landbau und die Kennzeichnung von Bio-Produkten sollten soziale Interaktionen, Werte sowie sensorische Erfahrungen eine wachsende Rolle in der Kundenkommunikation spielen. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden neben der Website www.biokompetent.de und Erklärfilmen unter anderem zur Kontrolle von Bio-Lebensmitteln innovative Kommunikationsformate wie das kollaborative Planspiel „Apfelkomplott“ oder Food-Stories zum Weiterrätseln und Diskutieren entwickelt und erprobt. In Kurzfilmen geben Akteur:innen der gesamten Produktionskette und der Öko-Kontrolle Einblick in ihren Arbeitsalltag. Im Rahmen des Projektes zeigte sich, dass die erstellten Medien den gewünschten Effekt erzielten: Sie konnten die Präferenz und das Vertrauen in die Produktkette und Eigenschaften von Bio-Lebensmittel stärken.
red / Quelle: Uni Göttingen