Ein Hauch Orient in Oberbayern
Auf einem Hektar des Betriebs Hiermeier stand in diesem Jahr der Echte Schwarzkümmel.
Es ist das erste Kraut, das auf den Äckern der Familie Hiermeier wächst: der schlanke bis gedrungene einjährige Schwarzkümmel, der an Höhe bis zu 80 cm erreicht und in dessen Früchten zahlreiche schwärzliche Samen enthalten sind. Aus diesen kann das wertvolle Schwarzkümmel-Öl gepresst werden, und daher passt der Schwarzkümmel-Anbau auch besonders gut in die Struktur des oberbayerischen Betriebs Hiermeier, der sich in Wellheim im oberbayerischen Landkreis Eichstätt auf die Erzeugung und Verarbeitung von Ölsaaten spezialisiert hat. „Da wir in der Direktvermarktung aktiv sind, wollen wir immer wieder ein neues Produkt anbieten“, erklärt Hofnachfolger Niklas Hiermeier. „Um unser Ölsortiment zu erweitern, hat sich deshalb die Kultivierung des Schwarzkümmels angeboten.“ Jedes Jahr eine Kultur mehr – so lautet das Motto des Betriebs, der sein Portfolio im Verkaufsautomaten, im Online-Shop und auch Wiederverkäufer:innen anbietet. Drei Jahre geben sich die Hiermeiers Zeit, um die jeweilige Kultur auszuprobieren, „danach muss es laufen“. Beim Schwarzkümmelanbau habe im ersten Jahr das Unkraut gewonnen, doch das gehöre dazu. Für dieses Jahr liegt die Ernte aus einem knappen Hektar Fläche gedroschen im Lager. Wie viel es am Ende sein wird, kann Niklas Hiermeier derzeit noch nicht einschätzen. 300 Kilo wären für die Marge sehr schmerzhaft, mit 700 Kilo könne man andererseits zufrieden sein. Doch Aufbereitung und Reinigung stehen erst noch bevor.
Mit der Nässe kamen Melde und Knöteriche
Möglichst früh im Jahr ab einer Bodentemperatur von 5 °C soll die Aussaat beginnen, doch die Bodenfeuchtigkeit ist oft der begrenzende Faktor. Für eine möglichst lange Vegetationszeit habe man sich für den Anbau auf den Talflächen entschieden, denn diese trocknen schneller ab. Geeignet sind humose, leichte bis mittelschwere Böden. Ende März war es soweit, und das Saatbett konnte für das biozertifizierte Saatgut vorbereitet werden. Das Wissen für den Anbau der Sonderkultur haben sich die Hiermeiers angelesen. „Feine Kniffe kommen im Laufe der Jahre einfach durch learning by doing hinzu“, spricht Niklas Hiermeier aus Erfahrung. Aufgrund der am Betrieb vorhandenen Technik entschied man sich für einen Reihenabstand von 50 Zentimetern. Nachdem erst einmal blindgehackt wurde, folgten drei Hackdurchgänge und zwei Striegeleinsätze. Diese seien erst bei guter Durchwurzelung zu empfehlen und wenn die Pflanze 15 Zentimeter aus dem Boden rage. Anschließend wurden 500 Hand-Arbeitsstunden investiert, um das Unkraut aus den Reihen zu ziehen. „Bis einen Monat vor der Ernte war die Kultur sauber“, erzählt Niklas Hiermeier. Dann sei es richtig nass geworden – und Gemeine Melde, Knöteriche und andere Beikräuter überwuchsen den Acker. „Nächstes Jahr muss es besser klappen. Ziel ist, den Anbau fortlaufend zu optimieren.“ Dass es durch den Klimawandel in der Region immer wärmer werde, spiele dem Kräuteranbau in die Hände. „Der Schwarzkümmel mag es warm wie viele andere Kulturen auch.“
Es summt und brummt über dem neuen Kraut
Im Lager musste das Kraut nun erst einmal trocknen. Ein Großteil der in diesem Jahr gewonnenen Ernte wird noch gepresst. In der eigenen Ölmühle wird veredelt und für die Direktvermarktung produziert. Doch ein Teil der Samen wird abgepackt und im Hofladen, im Online-Shop, in der regionalen Gastronomie und in Bäckereien angeboten. In der Versuchsphase gibt es noch keinen gesicherten Absatzmarkt für die schwarzen Körner.
Vorerst ist zwar kein Anbau neuer Kräuter geplant, ausschließen will Niklas Hiermeier das aber nicht. „Unser langfristiges Ziel ist auf jeden Fall, dass über das ganze Jahr hinweg immer blühende Kulturen auf unseren Flächen vorhanden sind und somit auch den Insekten stets ein Nahrungsangebot zur Verfügung steht.“ Auch der Schwarzkümmel, der im Juni und Juli blüht, trage zu diesem Plan bei. Über den Ölfrüchten wie über dem neuen Kraut summe und brumme es. „Alles, was fliegt, ist hier bei uns beschäftigt“, freut sich der Biokreis-Landwirt.